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Dem Berliner Senat wurde wiederholt vorgeworfen, beschlossene Vorhaben nur schleppend umzusetzen.

© Thilo Rückeis

Trotz Beschluss: Kampf gegen Korruption: Senat nimmt sich Zeit

Opposition und Transparency International kritisieren "Verschleppung" bei der Korruptionsbekämpfung – dabei gibt es in drei Berliner Bezirken schon ein Vorbild.

Der Senat sieht sich wiederholt Vorwürfen ausgesetzt, beschlossene Vorhaben nur schleppend umzusetzen: An einem einheitlichen Behördentelefon für alle Fragen von Bürgern ist mehrere Jahre gewerkelt worden, das immer wieder geforderte stadtweite Wlan-Netz gibt es bis heute nicht. Jetzt wird Kritik an der beschlossenen, aber nicht umgesetzten Einführung einer Internetseite zur Korruptionsbekämpfung laut. Wie berichtet, steht eine solche Onlineplattform für anonyme Hinweisgeber seit fast einem Jahr aus. „Der Senat verschleppt wichtige Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung“, sagte Dirk Behrendt, Rechtsexperte der Grünen im Abgeordnetenhaus. Die im Juli 2010 beschlossene Einführung einer Internetseite, auf der anonym Korruptionsfälle gemeldet werden können, war zuvor mehrere Jahre diskutiert worden.

Auch die Antikorruptionsorganisation Transparency International fordert schnelleres Handeln. „Wir bedauern, dass diese Entscheidung länger dauert als erforderlich“, sagte Transparency-Experte Peter Hammacher. Das Portal sei eine „sinnvolle Ergänzung zur Korruptionsbekämpfung“. Ein einfaches, anonymisiertes Hinweisgebersystem habe den Vorteil, dass Informanten die Angst vor der Kontaktaufnahme genommen werde.

Auch die von den Grünen seit langem geforderte Schaffung eines Vertrauensanwalts, der Korruptionshinweise entgegennehmen und bewerten könnte, werde trotz Votums des Abgeordnetenhauses verschleppt. „Gerade die Beauftragung eines Vertrauensanwalts bedarf kaum verwaltungstechnischer Vorbereitungen“, sagte Behrendt.

Auf Bezirksebene gibt es das Modell einer Ombudsperson schon, es ließe sich auf die ganze Stadt ausweiten: Für Spandau, Reinickendorf und Tempelhof-Schöneberg ist seit 2010 die Rechtsanwältin Stefanie Lejeune als Ombudsfrau tätig. Sie nimmt Hinweise über etwaige Unregelmäßigkeiten entgegen. „Nicht alle beziehen sich auf strafbares Verhalten, aber zuweilen hilft es auch, wenn besorgte Anrufer auf eine gewisse soziale Nähe zwischen Entscheidern bestimmter Einrichtungen hinweisen“, sagt die einstige Richterin und frühere FDP-Abgeordnete aus Rheinland-Pfalz, die zuweilen auch E-Mails und Briefe bekommt.

Aus dem Haus von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hieß es am Donnerstag in einer schriftlichen Stellungnahme: Derzeit prüfe man, wie die Internetseite umgesetzt werden könne. Das System soll beim Landesverwaltungsamt angesiedelt werden, mit der Hausleitung würden noch erforderliche Arbeitsschritte abgestimmt. Zunächst müssten Personal- und Raumbedarf sowie Kooperationsnotwendigkeiten geprüft werden, um nötige Haushaltsmittel beantragen zu können. Unter der Federführung der Justizverwaltung unter Senatorin Gisela von der Aue (SPD) gab es sechs Monate nach dem Beschluss im Sommer 2010 einen Zwischenbericht. Zur geplanten Plattform heißt es darin knapp, dass eine „eingehende Prüfung“ von Personal, Kosten und Räumen nötig sei. Der nächste Bericht steht in drei Monaten an.

Es sei unverständlich, weshalb diese Maßnahmen nicht längst durchgeführt wurden, empören sich die Grünen. „Das so was ausgerechnet in Berlin so lange dauert, kann ich mir nur dadurch erklären, dass der Senat andere Prioritäten setzt“, sagt Behrendt. Der FDP-Innenexperte Björn Jotzo erklärt: „Der politische Wille ist immerhin da, nur dauert die Umsetzung mal wieder länger.“

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