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Mitgefühl. Eine Berliner Solidaritätskundgebung für die Opfer von Halle.

©  Soeder/dpa

Kampf gegen Rechtsextremismus: Innensenator Geisel erwägt Sonderermittler

SPD-Fraktionschef Raed Saleh fordert einen Sonderermittler zu rechtsextremistischer Gewalt in Berlin. Die Innenverwaltung prüft nun den Vorschlag.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) erwägt, den Posten eines Sonderermittlers zu rechtsextremistischer Gewalt zu schaffen. Das sagte ein Sprecher der Innenverwaltung am Montag. Er reagierte damit auf Forderungen von SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Zugleich bremste der Sprecher der Innenverwaltung die Erwartungen an einen solchen Posten. „Ein Sonderermittler macht retrospektiv Sinn“, sagte der Sprecher. Zugleich verweist er auf die im Mai gebildete Ermittlungseinheit „Fokus“, die die bisherigen Ermittlungen zur rechtsextremistischen Anschlagsserie von Neukölln prüfen soll.

Zum Jahresende legt sie ihren Bericht vor. Zu einem Sonderermittler sagte der Sprecher: „Wir werden das in Betracht ziehen, wenn uns die Ergebnisse der besonderen Einheit Fokus vorliegen.“ Berlin habe mit einen Vorsprung vor den anderen Bundesländern, die ihre rechtsextremistischen Fälle der letzten Jahre ebenfalls untersuchten.

Die Grünen hatten bereits im September einen Sonderermittler gefordert, der die Anschlagsserie auf Bürger und Politiker, die sich gegen Rechts engagieren, untersucht – auch auf mögliche Verstrickungen von Polizisten. Der Vorstoß der Grünen, die den von Geisel 2017 eingesetzten Sonderermittler Bruno Jost im Fall des islamistischen Terroristen Anis Amri als Vorbild nennen, ist umstritten. Die Innenpolitiker der SPD-Fraktion haben den Grünen-Vorschlag bislang abgelehnt. Doch nun meldete sich Saleh zu Wort.

Berlin soll Vorreiterrolle einnehmen

„Wir brauchen eine zeitgemäße Antwort auf rechte Umtriebe und die Bedrohungslage“, sagte Saleh dem Tagesspiegel. Saleh reagierte damit auf den rechtsextremistischen Anschlag in der vergangenen Woche in Halle. Deshalb müsse es „in allen Bundesländern Sonderermittler im Kampf gegen Rechts geben“ und die „Auseinandersetzung mit rechtsextremen und rechtsradikalen Strukturen ein Gesicht“ bekommen. Berlin sollte vorangehen, die Sonderermittler sollten den Innenbehörden zugeordnet sein und im ständigen Austausch miteinander stehen.

Polizei und Justiz müssten sich besser vernetzen, der Sonderermittler müsse ressortübergreifend arbeiten. Als Beispiel nannte er das seit Ende 2018 koordinierte Vorgehen gegen Clankriminalität. „Wir müssen schneller und effektiver werden.“ Dazu gehöre ein an den Tätern orientierter Ansatz, jegliche Straftaten von Rechtsextremisten müssten gebündelt bearbeitet werden. Offen ließ Saleh mit welchen Befugnissen der Sonderermittler ausgestattet sein soll. Dies müsse noch besprochen werden, sagte er.

Der Sprecher der Innenverwaltung betonte, dass Geisel im März das „Gemeinsame Informations- und Bewertungszentrum Rechtsextremismus“ (GIBZ) eingerichtet hat. Damit hatte er auf Pannen bei der Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei im Vorfeld eines Brandanschlags auf einen Linke-Politiker im Februar 2018 in Neukölln reagiert. Im GIBZ tauschten sich die Sicherheitsbehörden intensiv über rechtsextremistische Straftaten aus, sagte der Sprecher.

Sonderermittler vertragen sich schlecht mit dem deutschen Rechtssystem. Der Zugriff auf Ermittlungsergebnisse, Verfahrensakten oder persönliche Daten ist nur Polizei und Justiz erlaubt. Die Verwaltungen für Inneres und Justiz führen die Fachaufsicht über Polizei und Staatsanwaltschaft, sind aber keine Ermittlungsbehörden. Oberstaatsanwalt Ralph Knispel von der Vereinigung Berliner Staatsanwälte sagte, in Berlin seien Polizei und Staatsanwaltschaft nicht auf dem rechten Auge blind. Die Strafverfolgungsbehörden müssten aber besser ausgestattet werden, die Polizei habe nicht die Schlagkraft, die sei bräuchte. Das bedeute aber nicht, dass rechtsextremistische Straftäter in Berlin unzureichend verfolgt würden.

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