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Der Neue. Der Fernlenkmanipulator der Berliner Polizei wurde am Montag in Anwesenheit von Innensenator Frank Henkel (CDU) vorgestellt.

© Wolfgang Kumm/dpa

Kampf gegen Terrorismus: Berliner Polizei bekommt neuen Sprengstoffroboter

Beamte bekommen Verstärkung im Kampf gegen Terrorismus – mit einem neuen Minipanzer und Observationskräften. Die sollen sich um die radikal-islamische Szene in der Stadt kümmern.

Von Frank Jansen

Das Raupenfahrzeug rattert über den Hof des Polizeipräsidiums am Platz der Luftbrücke. Abrupt bleibt der Sprengstoffroboter stehen. Ein Beamter der Spezialeinsatzkommandos zählt von drei an abwärts, dann knallt es kräftig. „Teodor“, wie der Minipanzer heißt, hat mit dem Schuss aus seiner Wasserkanone eine hölzerne Bombenattrappe regelrecht zerrissen. Zu sehen ist von dem Zielobjekt nur noch wenig.

Berlins Polizei rüstet auf gegen den Terror. Der Sprengstoffroboter – die korrekte Bezeichnung heißt „Fernlenkmanipulator“ – ist der zweite neue des Typs Teodor, den die Polizei jetzt bekommen hat. Bezahlt wurde das Fahrzeug aus den Mitteln des von Innensenator Frank Henkel (CDU) initiierten und vom Abgeordnetenhaus 2015 beschlossenen Anti-Terror-Pakets. Einen ersten modernen Teodor hatte die Polizei 2014 erhalten. Die Geräte lösen das langjährige Vorgängermodell, den alten Teodor, ab.

In Dallas tötete ein Roboter einen Attentäter - in Berlin undenkbar

Die Modernisierung des „Fernlenkmanipulators“ wird allerdings nicht so weit getrieben wie in den USA. Am 7. Juli hatte in Dallas ein Sprengstoffroboter selbst Sprengstoff transportiert und einen Attentäter getötet. Der Ex-Soldat Micah Johnson hatte zuvor fünf Polizisten erschossen. Als sich Johnson in einem Parkhaus verschanzte, setzte die Polizei nach einem längeren Feuergefecht den Roboter ein. Bei der gezielt ausgelösten Explosion starb der Heckenschütze. Der Einsatz fand weltweit Beachtung. Erstmals in ihrer Geschichte hatte die amerikanische Polizei mit einem Roboter einen Menschen getötet. In Berlin, versichert die Polizei, wäre so ein Einsatz rechtlich und auch moralisch undenkbar.

Mindestens ebenso wichtig wie Teodor ist für die Polizei ein weiterer Posten des Anti-Terror-Pakets. Die Polizei stockt ihre Observationskräfte um ungefähr 50 Beamte auf. Das hält Henkel angesichts der dynamischen Entwicklung der Salafistenszene für dringend nötig. Der Berliner Verfassungsschutz schätzt das Spektrum der ultrafrommen Islamisten in der Stadt auf 730 Personen. Davon seien 380 gewaltbereit, heißt es. Bislang sind mehr als 110 Salafisten aus Berlin in die Konfliktregion Syrien-Irak gereist, etwa die Hälfte ist wieder zurückgekommen. Von den Heimkehrern seien die meisten vermutlich für die Terrormiliz IS und andere Gruppierungen als Logistiker und Unterstützer tätig gewesen. Dennoch gelten auch sie als hochgefährlich, da sie als Kriegsveteranen in der Szene hoch angesehen sind und somit als vermeintliche Helden die Radikalisierung junger Islamisten beschleunigen können.

Die Planung mehrerer Selbstmordattentate in Berlin wurde gestoppt

Dass die Polizei offenkundig kaum genug Beamte zur Observation militanter Salafisten haben kann, zeigte zudem der geplante Anschlag einer Gruppe von fünf Algeriern. Nur dank aufwändiger Beobachtung durch Landeskriminalamt und Verfassungsschutz gelang es, die Planung gleich mehrerer Selbstmordattentate in Berlin zu stoppen. Die Polizei nahm, wie berichtet, im Februar in Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zunächst drei Algerier fest. Zwei, ein Ehepaar mit Verbindungen zur Terrormiliz IS, waren mit falschen syrischen Pässen nach Deutschland eingereist. Ein mögliches Anschlagsziel war der Checkpoint Charlie. Inzwischen sind zwei Algerier abgeschoben, das Paar sitzt in Abschiebehaft, der fünfte in Untersuchungshaft.

Cuspert wurde mehrere Mal totgesagt, die Behörden halten ich aber für lebendig

Sicherheitsexperten verweisen zudem darauf, dass zu den Dschihadisten aus Berlin, die sich weiter im Kriegsgebiet aufhalten, zwei vergleichsweise prominente Figuren zählen. Denis Cuspert und Reda Seyam waren über Berlin hinaus als Anführer der Szene bekannt, bevor sie sich zum IS begaben. Cuspert, der einst als Rapper „Deso Dogg“ zu bescheidenem Ruhm kam, stieg bei der Terrormiliz zu einem der bekanntesten Agitatoren für den deutschsprachigen Raum auf. In martialischen Videos posiert der Kreuzberger als „Abu Talha al Almani“ neben Leichen, droht der Bundesrepublik und fordert Salafisten auf, zum „Islamischen Staat“ zu kommen. Cuspert wurde mehrere Male totgesagt, die Behörden halten ihn aber nach wie vor für lebendig.

Ähnlich verhält es sich mit Reda Seyam, Kampfname „Dhul Qaranain“. Der in Ägypten geborene Charlottenburger galt auch schon als tot, ist aber wohl weiter aktiv. Seyam galt sogar als „Bildungsminister“ des IS. Der Mann mit dem üppigen Vollbart war vor seiner Zeit bei der Terrormiliz oft Zuschauer bei Prozessen gegen Dschihadisten in Berlin. Seyam kam meist mit jüngeren Salafisten, sie sahen in ihm eine Vaterfigur. Der Ägypter ist schon lange in der Szene aktiv. Die Amerikaner hielten ihn für einen der Hintermänner des Anschlags auf der indonesischen Insel Bali im Jahr 2002. Damals starben 202 Menschen. Seyam konnte jedoch nach zehn Monaten Haft von Indonesien nach Deutschland zurückkehren. In Charlottenburg lebte er von Sozialhilfe und produzierte Hetzvideos. Für Aufsehen sorgte, dass er seinem Sohn den Namen „Dschihad“ gab.

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