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Joe Hatchiban veranstaltet die Karaoke-Parties im Mauerpark in Berlin.

© picture alliance / dpa-tmn

Karaoke-Künstler Joe Hatchiban: Berlins Mauerpark-Star singt jetzt für Coca-Cola

Joe Hatchiban rockt den Mauerpark mit seiner Karaokeshow – ohne Eintritt und Sponsoren. Nun nutzt ihn Coca Cola zur Imagewerbung. Und präsentiert den Star beim Einheitsfest im Tiergarten.

Welch ein sonniger Sonntag. Im Mauerpark sitzt wieder alles, was Berlin ausmacht: die coolen Jungen, die neugierigen Alten, Ossis, Wessis, eine Menge Zugezogene, ein Haufen Touristen. Und vorne steht wieder Joe Hatchiban und heizt die sommerliche Stimmung mit seiner Soundmaschine an. Es ist Mauerkaraoke wie jeden Sonntag, das Happening dieses entspannten Graswurzeluntergrundkulturdingsbums, das Berlin so attraktiv und verrückt macht in den Augen der Welt und manchmal sogar in den Augen der Berliner selbst. Und so lachen hier wieder alle über Leute, die nicht singen können oder staunen über Selbstdarsteller, die den ganzen Park rocken. An diesem sonnigen Sonntag aber sind auch Kameras dabei und ein paar Leute in der ersten Reihe, die alle Coca Cola trinken und besonders laut jubeln und sich besonders auffällig exponieren. Wer hat die denn mitgebracht?

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Die Auflösung dieser Geschichte gibt es am Donnerstag auf dem Einheitsfest auf der Straße des 17. Juni live zu erleben, gesponsert vom Hersteller der braunen Brause. Joe Hatchiban, der eigentlich Gareth Lennon heißt, wird seine Kult-Karaoke-Show diesmal vor größerem Publikum durchziehen. Bis zu 1,5 Millionen Menschen werden sich hier bei Bier und Brause bespaßen lassen. Diesmal, so lässt die organisierende Agentur verlauten, solle das Fest zum Tag der Deutschen Einheit irgendwie ein wenig jünger und frischer werden. Die, wie es heißt „derzeit heißeste Boyband der Welt“, The Wanted, tritt auf, außerdem Gruppen mit vielversprechenden Namen wie Y-Titty und Laserkraft 3D. Wer könnte da besser passen als der hippe Hatchiban aus dem Mauerpark?

Einen Clip auf der Seite des Weltkonzerns gibt es auch schon zu sehen, auf dem man die Party im Mauerpark noch einmal erleben kann. Verrückte Berliner werden da in Großaufnahme eingeblendet: mit Schurrbärten, Hipster-Brillen auf der Nase und Cola-Flaschen in der Hand. „Die waren eindeutig gecastet“, erinnert sich eine Zuschauerin, die regelmäßig im Mauerpark bei der Karaoke ist. „Solch eine Gruppe habe ich da noch nie erlebt. Die sahen einfach zu berlinisch aus.“ Verkauft sich Joe Hatchiban, der immer ohne Eintritt und Sponsoren die Leute bespaßt, nun an Coca Cola?

Hatchiban stockt. „Warum sollte das jemanden stören?“, fragt er und macht tatsächlich den Eindruck, als habe er sich darüber noch keine Gedanken gemacht. Karaoke im Mauerpark und Karaoke auf der Straße des 17. Juni, ein paar hundert Menschen oder ein paar hunderttausend – es sei ja wohl völlig klar, dass das zwei verschiedene Dinge sind, oder? „Ich glaube, dass die Leute das verstehen“, sagt Hatchiban. Es hätten schon andere Bilder oder Erwähnungen vom Mauerpark-Karaoke für ihre Zwecke benutzt, ohne überhaupt zu fragen. „Spontan fallen mir die CDU, Ikea und der Axel-Springer-Verlag ein. Da hat sich auch niemand beschwert oder mich gefragt, ob ich dafür Geld bekommen habe.“ Hatte er natürlich nicht. Dann doch lieber ehrlich mit Coca Cola zusammenarbeiten.

Es ist nicht gerade leicht, beim Konzern eine Stellungnahme zur Entstehung des Videos und zur Zusammenarbeit mit Hatchiban zu bekommen. Zunächst wird nur darauf verwiesen, Hatchiban sei ein „Raker“, ein sogenannter Random Act of Kindness. Was das bedeutet? In einer Kampagne stelle man gerade Menschen vor, die anderen Freude brächten, und dazu gehöre der Joe eben auch. Zitieren dürfe man das aber nicht. Ob und wie viel Geld Hatchiban bekommt und ob und wie viele Leute für den Spot im Park gecastet worden sind, konnte und wollte niemand sagen. In der Pressestelle des Brausekonzerns wurde schlussendlich aber zugestanden, einige Protagonisten des Spots hätten eine „geringe Aufwandsentschädigung“ erhalten.

Na klar, sagt Joe Hatchiban, der seit 2009 die Sause im Amphitheater des Mauerparks organisiert. Schließlich könne man viele Leute ja nicht in Großaufnahme filmen, ohne sie vorher zu fragen. Der Ire will weiterhin keinen Eintritt nehmen oder mit Sponsoren zusammenarbeiten. Anfragen gebe es genug. „Als wir Anfang des Jahres erhöhte Genehmigungsgebühren hatten, haben wir darüber nachgedacht“, erzählt er. „Wir sind aber zu dem Ergebnis gekommen, dass niemand etwas davon hat.“

Im Mauerpark will Joe Hatchiban weiterhin mit seiner Blechbüchse durchs Publikum laufen und Geld einsammeln. Und notfalls wieder im Internet zu Spenden aufrufen. Zu Beginn des Jahres kamen so rund 3000 Euro zusammen, „davon konnten wir einen großen Teil von den laufenden Kosten bezahlen“, sagt Hatchiban. „Im Mauerpark konnten wir bisher ohne direkten Sponsoren auskommen, und hoffentlich wird es weiter so laufen.“

Karaoke im Mauerpark gibt es bei gutem Wetter noch bis Ende Oktober, immer sonntags ab 15 Uhr.

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