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Unverrichtet. Mangelnde Sicherheit, ausreichend Toiletten und Trinkwasser für die Gruppen, darum hatte es vor dem Karneval der Kulturen Streit gegeben.

© Thomas Peters/ REUTERS

Update

Karneval der Kulturen: Parade der Vielfalt in Berlin gerettet

Beinahe wäre der Karneval der Kulturen in diesem Jahr ausgefallen. Nun versichert die Integrationssenatorin: Er bleibt – auch 2016.

„Jetzt habe ich gerade ,Ja’ gesagt, oder?“ Dilek Kolat, Senatorin für Arbeit, Frauen und Integration, dreht sich zu Nadja Mau. Beide Frauen müssen lachen, das Gejohle im Saal ist groß. Eigentlich sind Kolat und Karnevalsleiterin Mau heute ins Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gekommen, um das neue Sicherheitskonzept für den Karneval der Kulturen 2015 vorzustellen. Doch nun ist Kolat eben gerade dieses „Ja“ herausgerutscht auf die Frage, ob es die Parade und das Straßenfest denn auch im nächsten Jahr definitiv noch geben werde. „Berlin ist nicht mehr ohne den Karneval zu denken“, sagte Kolat, die sich im Februar für die Erhaltung des Karnevals eingesetzt und 70 000 Euro Unterstützung vom Senat versprochen hatte. Wie genau der Karneval im nächsten Jahr aussehen wird, werde man in einem Konzeptdialog mit den teilnehmenden Gruppen nach dem Pfingstwochenende besprechen.

Denn nun steht erst einmal der Karneval 2015 an. Vom 22. bis zum 25. Mai werden wieder tausende Menschen in Kreuzberg feiern. An der Parade vom Hermannplatz zum Mehringdamm am Sonntag werden dieses Jahr 62 Gruppen teilnehmen, 57 davon kommen aus Berlin. Darunter sind auch Gruppen, deren Vertreter sich in einem Forderungskatalog an den Senat gerichtet hatten. Darin hatten sie zusätzliche Übungsräume, ausreichende Trinkwasserversorgung und ein besseres Sicherheitskonzept gefordert. „Ohne die Umzugsgruppen gibt es keinen Karneval der Kulturen in Berlin!“, schrieben die Initiatoren.

Die Berliner Wasserbetriebe, nach einjähriger Pause 2014 wieder offizieller Partner des Karnevals, haben die Versorgung der Akteure und Zuschauer mit Trinkwasser nun garantiert. Vier Wasserbars und mindestens 3000 Trinkflaschen wolle man zur Verfügung stellen.

Änderungen gab es nicht nur bei den Sponsoren, auch die Veranstalter wurden im Zuge der Auseinandersetzung ausgetauscht. Seit Februar 2015 kümmern sich „Kulturprojekte Berlin“ um die Organisation des Karnevals – und haben als Erstes ein neues Sicherheitskonzept entwickelt: „Wir haben das Sicherheitskonzept der Größenordnung des Fests angepasst“, sagte Nadja Mau, die Leiterin des Karnevalbüros, am Mittwoch, in der Hand einen zwei Zentimeter dicken Katalog. Der Karneval der Kulturen hat sich in den vergangenen 20 Jahren vom Kreuzberger Straßenfest zu einem internationalen Festival entwickelt – ähnlich wie das Myfest. Welche Schwierigkeiten daraus entstehen, zeigte sich in der vergangenen Woche: Viele Menschen, viel Lärm, viel Müll – viel Kritik.

Künftig gibt es fünf Sicherheitskräfte pro Gruppe

„Das ist uns bewusst“, sagte Mau. „ Deshalb wollen wir nur noch Mehrweggeschirr verwenden und vorher mit den Händlern sprechen.“ Das neue Konzept sehe außerdem vor, dass jeder Gruppe fünf Sicherheitskräfte zur Verfügung gestellt werden. Auch wolle man an Informationspunkten auf Toiletten und den Streckenverlauf hinweisen. Beim Straßenfest werde die Bühne so verschoben, dass es 150 Meter mehr Platz für Feiernde gebe.

Einer, der vom neuen Sicherheitskonzept profitiert, ist Perry Ottmüller mit seiner Gruppe „Reggae in Berlin“. Im Dezember 2014 hatte er eine Online-Petition zur Rettung des Karnevals der Kulturen gestartet – und im Netz mehr als 40 000 Unterstützer gefunden. Mit dem Ergebnis ist Ottmüller zufrieden: „Für die Kürze der Zeit ist wirklich viel passiert, dafür sind wir dankbar.“ Im vergangenen Jahr habe „Reggae in Berlin“ rund 600 Euro für die Sicherheit ausgegeben. „Mit freiwilligen Helfern war das bei dem Menschenaufkommen einfach nicht mehr zu stemmen“, sagt Ottmüller, der mit seiner Gruppe schon seit 15 Jahren beim Karneval mitmacht.

Für Anwohner bedeutet das Fest "Dreck und Lärm"

So sehr die teilnehmenden Gruppen, Politiker und Vertreter der Wirtschaft die Fortführung des Karnevals der Kulturen begrüßen, so wenig erfreuen sich einige Anwohner an der wachsenden Popularität der Großveranstaltung. Auf der Website „Ohren voll, Nerven blank“ beschreibt ein Anwohner die Belastung („Dreck und Dauerlärm über mehrere Tage“) ausführlich. Der Antrag, das Straßenfest vom Blücherplatz an einen anderen Ort zu verschieben, wurde 2014 vom Ausschuss für Kultur und Bildung in Friedrichshain-Kreuzberg abgelehnt.

Im Karnevalsbüro ist man sich der Belastung für die Anwohner bewusst. „Für die Anwohner ist das Fest vor allem ein Lärm- und Müllproblem, das wissen wir“, sagt Organisatorin Mau. Man wolle nun, kurz vor Beginn des Fests, den Dialog mit Anwohnern suchen. Eines könne man aber ohnehin nicht ändern: „Dass Betrunkene völlig enthemmt Dinge tun, die wir lieber nicht sehen möchten.“

Luisa Jacobs

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