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Berlin: Kasse ohne Kassierer

In einigen Berliner Supermärkten können Kunden ihre Waren bald selbst scannen – doch nicht alle Händler vertrauen der neuen Technik

Kassierer könnten in einigen Läden schon bald der Vergangenheit angehören. Die Metro-Gruppe will bis zum Jahr 2005 in 50 deutschen Einkaufsmärkten Selbstbedienungskassen einführen. Damit würde in ausgewählten Berliner Real- und Extra-Märkten Wirklichkeit, was es in New York oder London schon gibt: Der Kunde zieht seinen Einkauf selbst über den Scanner und bezahlt dann, bar oder mit Kreditkarte, an einem Automaten. Ob er alles, was er mit nach Hause nimmt, bezahlt hat, wird elektronisch überprüft. Im Strichcode jeder Tiefkühlpizza und jeder Müslipackung ist das Gewicht der Produkte gespeichert. Ein Computer errechnet nach dem Scannen das Gesamtgewicht des Einkaufs. Dann wird an einer Waage kontrolliert, ob sich dasselbe Gewicht in der Einkaufstüte des Kunden befindet.

In ihrem „Future Store“ in Duisburg testet die Metro-Gruppe die Selbstbedienungskasse seit fast einem Jahr. Die neue Technik ist laut der Handelsgruppe eine Alternative für Kunden, die nur wenige Produkte im Einkaufswagen haben. „Bei einem Wochenendeinkauf mit über 100 Artikeln dürfte das Selbst-Scannen zu aufwändig sein“, sagt Metro-Sprecher Albrecht von Truchseß. Die Dienstleistungs-Gesellschaft Verdi vermutet hinter dem Pilotprojekt den ersten Schritt hin zum Supermarkt ohne Personal. „Wir sind eindeutig und absolut gegen diese Technik“, sagt Achim Neumann vom Verdi-Fachbereich Handel. „Sollte sich das System bewähren, wird es bald flächendeckend eingeführt werden.“ In der Folge könnten Tausende Kassierer ihren Job verlieren.

Ob die Selbstbedienungskassen in der Praxis ein Erfolg werden, ist allerdings fraglich. Reichelt testete die Technik vor fünf Jahren in einigen Berliner Supermärkten. Die Reaktion der Kunden: verhalten bis ablehnend. „Wir haben die Kassen wieder eingestellt, weil sie keine Akzeptanz fanden“, sagt Hildegard Retzlaff von Reichelt. Sie glaubt, dass Mentalitätsunterschiede Ursache dafür sind, dass die neue Technik in den USA gut akzeptiert, in Deutschland aber mit Skepsis aufgenommen wurde. Auch bei Karstadt am Hermannplatz hat man schlechte Erfahrungen mit der Einkaufs-Technik der Zukunft gesammelt. Dort informierte die Kunden bis vor zwei Wochen ein Scanner am Warenkorb über den Preis der Produkte. Als der Scanner kaputt ging, fand sich niemand, um ihn zu reparieren. Das Geschäft mit Verkauf und Wartung der modernen Geräte lohnt sich für die Firmen offenbar nicht.

Metro glaubt dennoch an einen Erfolg. Bisher hat die Handelskette vor allem mit den Bedenken von Datenschützern zu kämpfen. Diese warnen vor dem „gläsernen Kunden“, dessen Kaufverhalten durch neue Technologien perfekt durchleuchtet werde könne. Dem SB-Scannen stehen die Berliner Datenschützer aber relativ gelassen gegenüber. Ob der Kassierer scanne oder der Kunde selbst, sei letztlich egal. „Entscheidend ist, ob persönliche Daten mit Einkaufsdaten verknüpft werden, zum Beispiel auf Kundenkarten“, sagt Anja-Maria Gardain, Pressesprecherin des Berliner Datenschutzbeauftragten.

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