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Berlin: Kein Anschluss

Wegen seines Umgangs mit der Parlamentsreform sind alle sauer auf den Grünen Benedikt Lux.

Von Sabine Beikler

Er ist Zuchtmeister, Nein-Sager, Diplomat, Stratege und Manager: Der Parlamentarische Geschäftsführer (PGF) hat eine herausragende Position in seiner Fraktion. Er ist zentraler Akteur, muss durchsetzungsfähig sein innerhalb seiner Fraktion und gegenüber seinen Kollegen. Monatelang verhandelten die fünf PGF im Abgeordnetenhaus über die Parlamentsreform, über Redezeitkontingente, Kostenpauschalen und in ihren Fraktionen schwer durchsetzbare Punkte: Torsten Schneider (SPD), Heiko Melzer (CDU), Uwe Doering (Linke), Heiko Herberg (Piraten) und Benedikt Lux (Grüne). SPD, CDU, Linke und Piraten lobten die Konsensfähigkeit untereinander. Nur ein PGF steht in der Kritik: Lux, seit fast zwei Jahren parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, wird unprofessionelles Verhalten vorgeworfen. Auch in der eigenen Fraktion sind etliche Mitglieder nicht gut auf den 32-Jährigen zu sprechen. Was war passiert?

Zu spät hat Lux die 29-köpfige Fraktion über die geplante Parlamentsreform informiert. „Wir sind stinksauer, dass das an uns vorbeigelaufen ist“, hört man flügelübergreifend. „Er hätte schnallen müssen, dass wir darüber reden müssen.“ Und die Grünen müssen viel reden. Das ist spezifisch grün. Diese „Diskussionskultur“ kann manchmal selbst grüne Mitglieder nerven. Aber sie gehört zur Parteiseele. „So sind wir nun mal. Deshalb sind wir die Grünen“, betonen Funktionäre und Basisleute. Und so fühlte sich die Fraktion nicht einbezogen in die Reformdiskussion, der linke Parteiflügel beharkte sich mit den Reformern. „Wir hatten keine Zeit, ausführlich über die Änderungen in der Parlamentsreform zu sprechen und haben uns über Lappalien gestritten“, sagt ein langjähriger Abgeordneter. Um das Gesicht nicht zu verlieren, forderten die Grünen zunächst einmal eine Kommission, um über die geplante Reform – zu diskutieren. Die Debatte über ein Vollzeitparlament, eine alte Grünen-Forderung, kam zum Ärger der anderen vier PGF wieder hoch, die betonen, dass Lux dieses Thema in ihren Runden nicht angeschnitten habe. Er habe „keine harten Kontrapunkte gesetzt“ und keine Signale vermittelt, dass das Paket in seiner Fraktion nicht durchgehe. Stattdessen sei Lux abgetaucht. Auf Wunsch der Grünen wurden die Beratungen über die Parlamentsreform vor der Bundestagswahl unterbrochen. Und nach der Wahl beklagten die Grünen den Zeitdruck. Denn die Fraktionen wollten die Parlamentsreform im gemeinsamen Konsens bis Ende des Jahres verabschieden.

Die Grünen-Fraktion sieht vor allem die Erhöhung der steuerfreien Kostenpauschale von 1100 auf 1500 Euro und bei Anmietung eines externen Büros auf 2500 Euro kritisch. Das sei „in der Öffentlichkeit nicht vermittelbar“. Tatsächlich kann man das Plus als stille Diätenerhöhung begreifen. Denn eine Erhöhung der Diäten von monatlich 3477 Euro lehnten alle Fraktionen ab. Der Grund: Nach außen nicht vermittelbar.

Am Donnerstag will das Parlament mit den Stimmen von SPD, CDU, Linken und Piraten eine Änderung des Landesabgeordnetengesetzes beschließen. Die Grünen beschlossen am Dienstag in ihrer Fraktionssitzung, sich zu enthalten. In der Debatte werden alle Parlamentarischen Geschäftsführer sprechen. Auch Benedikt Lux, der über Kritik an seiner Person sagt: „Das gehört zum Spiel. Es überrascht mich nicht, dass die Fraktion unzufrieden ist. Ich trage die Verantwortung dafür, dass ich ein schlechtes Ergebnis der Fraktion erklären muss.“ Die Grünen würden sich „keine Parlamentsrechte für eine verbesserte Ausstattung abhandeln lassen“. Dass die anderen PGF über einen Mangel an Vertrauen ihm gegenüber klagen, kontert er mit den Worten: „Ich habe mich an die Vertraulichkeit gehalten und nichts durchgestochen.“ Das sei doch der „Beginn einer wunderbaren Freundschaft auf Arbeitsebene“. Sabine Beikler

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