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Berlin: Kein Bier für den Gast aus Afrika

Kreuzberger Kellnerin muss wegen Beleidigung 300 Euro Geldstrafe zahlen

Ein netter Fußballabend sollte es werden. Werder Bremen in der Champions League, der Verein spielt attraktiven Fußball, etwas für Feinschmecker, dazu vielleicht ein Bier. So hatte sich der aus Kamerun stammende Noka A. die nächsten Stunden vorgestellt. Es kam anders. Das Spiel hat er nicht gesehen, der Abend hat sein Bild von Berlin „verändert“, wie er sagt. Warum, damit hat sich gestern das Amtsgericht Tiergarten beschäftigt.

Es ging um Beleidigung aus „rassistischen Motiven“. Eine junge Kellnerin einer 24-Stunden-Kneipe in der Kreuzberger Dieffenbachstraße soll sich geweigert haben, den Schwarzafrikaner zu bedienen. Ihr Problem war offenbar seine Hautfarbe. „Geschlossene Gesellschaft“, soll sie ihm schließlich erklärt und Richtung Tür gewiesen haben. Der 35-jährige Noka A., Wirtschaftswissenschaftler und angehender Medienberater, blieb wie angewurzelt stehen. Eine solche Diskriminierung mitten in Kreuzberg? Als er nach mehrfacher Aufforderung immer noch fassungslos im Lokal stand, soll die Bedienung sogar die Polizei alarmiert haben.

Der 23-jährigen Kellnerin flatterte kurze Zeit später ein Strafbefehl ins Haus. Eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 20 Euro sollte sie zahlen. Wegen rassistischer Beleidigung. Empört legte die junge Frau Einspruch ein und erzwang damit einen Prozess. Aber eine Verhandlung fand dann doch nicht statt. Nach einem Vorgespräch mit Richterin und Staatsanwältin kam die Kellnerin mit Tränen in den Augen und wütendem Schritt aus dem Gerichtssaal. Sie habe ihren Einspruch zurückgezogen, hieß es. Damit ist die Geldstrafe von 300 Euro rechtskräftig. Einsichtig allerdings wirkte die verurteilte Kellnerin nicht, als sie erfolglos abzog. Im Verfahren hatte sie erklärt: „Ich habe doch nichts getan.“ Vielleicht fühlt sie sich ungerecht behandelt, weil sie nur tat, was von ihr verlangt wurde. Es gebe Anhaltspunkte, dass die Bedienung auf Anweisung ihres Chefs handelte, sagte die Richterin. Schlüssige Beweise aber fanden sich nicht. Ein Verfahren gegen den Kneipeninhaber ist inzwischen eingestellt worden.

Die Szene spielte in einer ganz gewöhnlichen Bierkneipe. „Ich würde dort keine Freunde suchen“, sagt Noka A., aber es gebe in dieser Gegend nicht viele Möglichkeiten, Fußballspiele im Bezahlfernsehen zu sehen. Als ihm die Kellnerin an jenem Abend im September letzten Jahres kein Bier ausschenkte und schließlich aus dem Lokal wies, sollen ihm andere Gäste mitgeteilt haben, dass dort „grundsätzlich keine Ausländer bedient werden“. Das hätten die Gäste nicht richtig gefunden, sagte A.’s Anwältin. Um zu zeigen, dass ein Mann wie A. sehr wohl willkommen sei, habe ihm einer der Gäste spontan ein Bier spendiert.

Das Verhalten der Bedienung habe den 35-Jährigen sehr beleidigt, sagte seine Rechtsanwältin. Sie erwägt weitere zivilrechtliche Schritte. „Da es das neue Anti-Diskriminierungsgesetz noch nicht gibt, ist das die einzige Möglichkeit, juristisch noch etwas zu erreichen.“ Erste Schritte sind bereits eingeleitet. So habe Noka A. das Gewerbeamt über den Vorfall schon informiert.

Kerstin Gehrke, Marc Neller

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