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Berlin: Kein Land in Sicht beim Streit ums Ufer

Vor zwei Jahren versperrten die ersten Anrainer den Weg am Groß Glienicker See Immer wieder gibt es Demonstrationen gegen die Blockade – zuletzt am Sonnabend

Groß Glienicke - Noch immer hängen die Schilder an Zäunen und Bäumen und fordern ein „Freies Ufer“. Aber zuletzt waren es nur vier Leute, die gegen die Sperren des Uferwegs privater Grundstücksbesitzer am Groß Glienicker See protestiert haben. Andreas Menzel, Stadtverordneter der Grünen in Potsdam und Vize-Chef des Vereins Freies Groß Glienicker Seeufer, ist jedes Mal dabei. Denn er organisiert das alles – und zwar seit 2009, als mehrere Anrainer auf der Potsdamer Seite des Sees, dessen östliches Ufer zum Berliner Ortsteil Kladow gehört, den früheren Kolonnenweg der DDR-Grenzer mit Gestrüpp, Geäst und Flatterband dicht machten. „Störer“ nennt Menzel sie, weil sie die Erholung, den Spaziergang am Ufer entlang im Naturschutzgebiet verhindern.

Doch an diesem Samstagnachmittag waren es wieder so viele wie bei den ersten großen Protesten. Knapp 150 Menschen kamen zur Radler-Demonstration unter dem Motto „Zwei Jahre Sperrungen sind zu viel“. Menzel setzte diesmal auf politische Prominenz: Michael Cramer. Der Berliner Europa-Abgeordnete der Grünen ist Initiator des Mauerradweges, der 160 Kilometer entlang der früheren Grenze um das alte West-Berlin verläuft und mit 900 Schildern und vielen Info-Tafeln markiert, wo einst die Mauer stand. An der Strecke erinnern Stelen an die Mauertoten. Cramer feiert das zehnte Jahr seiner Mauerstreifzüge. Es ist ein besonderer Anlass, zumal sich am 13. August 2011 zum 50. Mal der Bau der Berliner Mauer jährt. Zugleich zeigt sich, dass es mit dem Gedenken nicht an jeder Stelle klappt. Eben auch wegen der „Störer“ von Groß Glienicke, was klingt, also blockierten die privaten Grundstückbesitzer das Mauer-Gedenken.

Cramer sagt, nach dem Beschluss von Senat und Abgeordnetenhaus von 2001, den Mauerweg auszuschildern und ihn fahrradfreundlich zu gestalten, sei dieser nahezu vollständig fertiggestellt. „Problematisch ist jedoch die andauernde Sperrung des Uferwegs am Groß Glienicker See ebenso wie am Griebnitzsee.“ Daher schließe sich der Mauerstreifzug der Demonstration für das freie Ufer an. „Hätte die Landesregierung von Brandenburg seinerzeit die Ufergrundstücke erworben, gäbe es die Konflikte mit den neuen Eigentümern nicht“, sagt Cramer.

Ganz so einfach ist die Sache nicht, ebenso wenig wie es schnelle Lösungen für den Konflikt gibt. Seit 2009 wird in Groß Glienicke erbittert gestritten. Sogar von Krieg war nach heftigen Protesten zu Ostern 2010 die Rede, als Demonstranten gegen private Wachmänner handgreiflich wurden, die für die Grundstücksbesitzer die Sperren und deren Privateigentum beschützen sollten. Mehrere Prozesse endeten mit Freisprüchen. Die Sperren aber stehen immer noch. Und die Stadt liefert sich mit den Anrainern juristische Scharmützel, lässt Zäune und Geäst entfernen – sogar das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg urteilte über Flatterbänder, die zu entfernen seien. Der Uferweg aber ist immer noch gesperrt.

Dabei hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) vor zwei Jahren versprochen, alles zu tun, damit der Weg wieder frei wird. „Das alles ist sehr zäh, ich habe nicht den Eindruck, dass der Weg bei ihm noch Chefsache ist“, sagt der Stadtverordnete Menzel. Jakobs versuchte es nach all den erbitterten Auseinandersetzungen zwischen „Störern“ und Uferbefreiern sogar auf die sanfte Tour: Ein Moratorium aber scheiterte Ende 2010. Dann unterbreitete die Stadt 40 Anrainern im Mai Kaufangebote, die Reaktionen waren zurückhaltend. „Jetzt müssen wir das auswerten“, sagt Rathaussprecher Stefan Schulz. „Das ist ein langer Prozess. Bevor wir ein Enteignungsverfahren einleiten, muss notfalls vor Gericht nachgewiesen werden, dass wir alles unternommen haben, um das Problem einvernehmlich zu klären.“ Frühestens im Herbst 2011 will das Rathaus die Ergebnisse der Kaufverhandlungen vorlegen.

Menzel, der Ufer-Aktivist, sieht die Zeit gegen sich laufen: Viele gewöhnten sich an die Sperren, sagt er. „Die Wut ist nicht mehr so groß wie am Anfang.“

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