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Berlin: Kein Mangel an gut bezahlten Posten im öffentlichen Dienst

Seit 1962 stieg die Zahl der B-Stellen von 25 auf 228 VON ULRICH ZAWATKA-GERLACH Berlin. Die Berliner Verwaltung wuchs in den vergangenen 30 Jahren wie ein tropischer Urwald heran.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Seit 1962 stieg die Zahl der B-Stellen von 25 auf 228 VON ULRICH ZAWATKA-GERLACH

Berlin. Die Berliner Verwaltung wuchs in den vergangenen 30 Jahren wie ein tropischer Urwald heran.Üppig gedeihen vor allem jene Pflänzchen, die der Sonne am nächsten stehen."Besonders die Senatsverwaltungen sind über die Jahre oft auf das Vielfache - mit einer wuchernden Zahl von Spitzenpositionen - gewachsen", kritisiert Ex-Innensenator und Verwaltungsreform-Experte Erich Pätzold, nachdem er die Stellenpläne des öffentlichen Dienstes zwischen 1950 und 1993 verglichen hat. Zum Beispiel die lukrative B-Besoldung für Beamte: Sie stand ursprünglich nur den Senatsdirektoren, Bezirksbürgermeistern und Stadträten zu.In den Bezirken blieb es bei dieser Einschränkung, während sich die Zahl der B-Besoldeten in den Senatsverwaltungen von 25 (im Jahr 1962) auf 228 (im Jahr 1993) verneunfacht hat. Vom Senatsrat bis zum Staatssekretär verdient man in dieser Einkommensgruppe zwischen 7340 Mark (B1) bis 11.700 Mark (B7) brutto monatlich; den Ortszuschlag nicht eingerechnet.Weitere Stellenhebungen stehen aller Finanznot zum Trotz bevor.Auch die übrigen Beamten des höheren Dienstes und die besser bezahlten öffentlichen Angestellten profitieren von der wundersamen Stellenvermehrung in Berlin.Lehrer und Richter nicht eingerechnet, verdoppelte sich nach dem Mauerbau die Zahl der A-besoldeten Staatsdiener, die Zahl der höheren Angestellten stieg um das 5,5fache an.Die Gesamt-Mitarbeiterzahl in der Hauptverwaltung erhöhte sich seit 1962 "nur" um knapp 80 Prozent. Die Neugliederung der Senatsressorts, die jeder Regierungsbildung auf dem Fuße folgte, habe fast immer "zu beträchtlichem Stellenausbau und der Bildung vieler neuer Abteilungen und Referate mit zusätzlichen Spitzenpositionen geführt", schreibt der SPD-Politiker Pätzold in seiner Analyse.So habe die Senatsverwaltung für Volksbildung 1961 nur aus den drei Fachabteilungen Schule, Wissenschaft und Kunst bestanden.Heute befassen sich eine Haupt- und drei Fachabteilungen mit den Schulen und je zwei Fachabteilungen mit den Wissenschafts-, Forschungs- und Kultureinrichtungen der Stadt.Der umgekehrte Weg funktioniert nicht.Bei der Wiederzusammenlegung von Senatsverwaltungen kam es nur selten zur Einsparung von Stellen, Abteilungen und Spitzenpositionen. Pätzolds These: Die großen politischen Einschnitte hätten das Stellenwachstum in Berlin regelmäßig gefördert.Nach dem Mauerbau zum Beispiel sei die Bereitschaftspolizei besonders verstärkt worden, doch habe der Senat diese "Ausweitungen des Sicherheitsbereiches" nach dem Mauerfall 1989 kaum zurückgenommen.Auch sei die Zahl der Planstellen in der Hauptverwaltung nach der Vereinigung mit Ost-Berlin dauerhaft stark erweitert worden, "obwohl diese Erweiterung 1990 nur für den Übergang beschlossen worden war".Der Rechnungshof habe dies schon in seinem Jahresbericht 1994 gerügt. Die Kritik der obersten Rechnungsprüfer richtete sich vor allem gegen die wirtschaftlich nicht vertretbare Überausstattung der Ost-Bezirke und den - ihrer Auffassung nach - überhöhten Personalbestand in der Polizei.Auch im 1996er Rechnungshof-Bericht wurde dem Senat vorgehalten, daß bezüglich des Personals "ein der Haushaltslage angemessener Sparwille nicht ausreichend vorhanden ist". Nun gibt es Behörden, deren überdurchschnittliches Wachstum sachlich nachvollziehbar ist.So etwa die Verdreifachung des Personals im Landesamt für Datenverarbeitung seit 1962, der Anstieg der Beschäftigtenzahl im Strafvollzug und bei den Staatsanwaltschaften von 1455 (im Jahr 1950) auf 4239 (im Jahr 1993).Gleiches gilt für die personelle Verstärkung der Vermögensämter nach 1989.Mit schlechtem Beispiel geht allerdings das Abgeordnetenhaus voran, deren Verwaltung in der ersten Wahlperiode noch mit 25 Mitarbeitern auskam.Kurz nach dem Mauerbau waren es 38, 1971 bereits 64, im Jahr der Maueröffnung 113 und bis 1993 wurde die Parlamentsbürokratie noch einmal ordentlich aufgebläht: auf 174 Mitarbeiter.Und es geht voran; im neuen Jahr stehen dem Abgeordnetenhaus 178,5 Planstellen und Beschäftigungspositionen zur Verfügung.

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