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Berlin: Kein moralisches Angebot

Künstler will Geld für Mauerbild, das Thierse den UN schenkte

Dem Maler Kani Alavi wurde eine hohe Ehre zuteil. Drei Segmente der Berliner Mauer, die er bemalt hat, stehen im Garten des UN-Gebäudes in New York. Vor gut einem Jahr hatte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) Alavis Kunstwerk dem UN-Generalsekretär Kofi Annan geschenkt. Der Künstler aber war bei einer ersten symbolischen Übergabe in Berlin nicht dabei. „Die haben mich bis zum Schluss ignoriert“, schimpfte Alavi gestern vor dem Berliner Landgericht. Dort befasste sich die 16. Kammer mit der Klage des Künstlers gegen den Bundestagspräsidenten. Alavi sieht seine Urheberrechte verletzt und fordert Schadensersatz. Mindestens 170 000 Euro. „Er wollte anerkannt werden als Schöpfer des Staatsgeschenks“, sagte sein Rechtsanwalt. Die Bundesrepublik habe nicht nach einer Lizenz gefragt, habe den Künstler nicht einmal angemessen erwähnt. Trotz anfänglicher Zusicherung sei Alavi nicht zur Zeremonie ins UN-Hauptquartier eingeladen worden. Im Büro des Bundestagspräsidenten sei er schließlich mit einem Trostpflaster abgespeist worden: eine Tafel mit seinem Namen, die an Thierses Geschenk angebracht werde. Thierses Anwalt sagte dagegen: „Nachdem man ihn kannte, ist er immer genannt worden“, sagte Peter Raue. Außerdem habe Alavi nie gesagt, er stimme nur zu, wenn er Geld bekomme. Auch die Richter merkten an, dass Alavi längere Zeit von der beabsichtigten Schenkung wusste und nicht widersprochen habe.

Der 47-jährige Alavi ist gebürtiger Iraner. Seit 23 Jahren lebt er in Berlin. Er engagiert sich für die East Side Gallery. Vor gut sieben Jahren hat er die drei Mauersegmente bemalt, die einst zur so genannten Hinterlandmauer am Leipziger Platz gehörten und nun in New York stehen. Das Motiv: zwei Menschen, die sich über die Mauer hinweg umarmen. „Gefühlsmäßig finden wir es unglücklich, dass Sie nicht mitgefahren sind, und auch moralisch liegen Sie nicht ganz falsch“, sagte die Vorsitzende Richterin dem Kläger. Ein kleiner Trost vor der Entscheidung, die am 17. Juni verkündet werden soll.

Kerstin Gehrke

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