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Baustelle BER: Wie viele Schwarzarbeiter sind dort beschäftigt?

© dpa

Keine Einzelfälle: Mehr Schwarzarbeit als bekannt auf BER-Baustelle

Gegen 55 Firmen wurde oder wird ermittelt - auch., weil sie Arbeiter um ihre Löhne prellten. Doch die Dunkelziffer der Schwarzen Schafe unter den Unternehmen wird weitaus höher liegen.

Auf der Baustelle des Flughafens „Willy Brandt“ in Schönefeld hat es in größerem Ausmaß Fälle von Schwarzarbeit, Dumpinglöhnen und um Lohn geprellte Arbeiter gegeben als bislang bekannt und eingestanden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Linke-Bundestagsabgeordneten hervor.

Aktuell laufen demnach allein beim zuständigen Hauptzollamt Potsdam fünf Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit solchen Delikten am künftigen Airport, den die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) – Eigentümer sind die beiden Länder und der Bund – errichtet. Gegen 55 Firmen aus der Region, die als Auftragnehmer oder Subunternehmer mitbauen, wurde und wird wegen illegaler Praktiken ermittelt. Zwei Arbeitgeber sind gleich mehrfach aufgefallen. Es gab auch schwere Fälle, Zitat: „In 17 Fällen wurden Geldstrafen und in zehn Fällen Freiheitsstrafen verhängt.“

All diese Zahlen stehen in Kontrast zu Erklärungen des Flughafens, der bislang von Einzelfällen sprach, als etwa im Dezember 2011 oder zuletzt im April Berichte über Schwarzarbeit oder um Lohn geprellte ausländische Arbeiter Schlagzeilen machten. Nach der Regierungsauskunft hat der Zoll „keine Erkenntnisse“, dass die FBB illegale Praktiken kannte. Direkte Konsequenzen hatten sie keine, keine Firma verlor ihren Flughafenauftrag. Die FBB habe keine „Vertragsstrafen, Auftragssperren oder Kündigungen“ verhängt, „mangels hinreichender Anhaltspunkte“.

Das Debakel um den neuen Flughafen in Bildern

Die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ der Zollverwaltung des Bundes hat eine eigene „Sonderprüfgruppe“ für die BER-Baustelle, angesiedelt beim Hauptzollamt Potsdam. Die hatte am BER genügend zu tun - und wurde nicht selten fündig. Danach hat es dort in den Jahren 2007 bis zum April 2012 insgesamt 116 Kontrollen gegeben, die letzte am 25. April. Allein in diesem Jahr wurden bis April 2275 Arbeiter auf der BER-Baustelle überprüft – und immerhin 700 dort tätige Firmen. Die Baustelle war zuletzt offenbar stärker ins Visier des Zolls geraten, denn der Kontrolldruck wurde größer. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2011 wurden 1210 BER-Arbeiter und 321 auf der Flughafenbaustelle tätige Firmen kontrolliert, also etwa halb so viel wie in den ersten vier Monaten 2012.

Eine „Musterbaustelle“, als die sie etwa der Bauindustrieverband darstellte, war der künftige Flughafen nicht. So hat das Hauptzollamt Potsdam acht Verfahren wegen Verstößen gegen das „Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung“ eingeleitet, 13 Verfahren wegen Verstößen gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – es regelt die Leiharbeit – und weitere 28 Verfahren wegen „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“. In 70 Fällen wurde wegen Betruges ermittelt. Das ist etwa der Fall, wenn an Krankenkassen Sozialversicherungsbeträge nicht ordnungsgemäß abgeführt werden. In 33 Fällen wurden Verfahren eingestellt, teilweise gegen Zahlung einer Geldbuße.

Und das Ausmaß von Schwarzarbeit und ähnlichen Delikten ist möglicherweise sogar noch größer. Denn Statistiken zu Bußgeldern gibt es nicht. Und die vorlegten Zahlen betreffen allein die Zuständigkeit des Hauptzollamtes Potsdam. Daten zu festgestellten Verstößen von Unternehmen, die ihren Firmensitz woanders haben, konnte die Bundesregierung nicht vorlegen. In diesen Fällen wurden andere Hauptzollämter eingeschaltet, die selbst aber „keine baustellenbezogenen Daten“ erheben, heißt es. Es sei nicht bekannt, „inwieweit andere Hauptzollämter Ermittlungsverfahren eingeleitet haben“.

Welche Firmen im Visier stehen oder standen, wird nicht mitgeteilt, aus Datenschutzgründen. Die Linken hatten auch gefragt, auf welche FBB-Maßnahmen der Bund als Airport-Miteigentümer eingewirkt hat, um Schwarzarbeit und illegalen Praktiken vorzubeugen. Gesellschaftern, so lautet die Antwort, seien Eingriffe in das operative Geschäft des Flughafens verboten.

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