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Diese 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg ist am 18.12.2014 am Potsdamer Hauptbahnhof gefunden worden.

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Update

Bombenentschärfung legte Innenstadt lahm: Ausnahmezustand in Potsdam beendet

Weil eine Fliegerbombe entschärft werden musste, herrschte in Potsdam am Donnerstag stundenlang Ausnahmezustand. Rund 10.000 Menschen musste ihre Wohnungen verlassen, am Hauptbahnhof rollte kein Zug mehr. Erst kurz vor 19 Uhr gab es Entwarnung.

Der Fund einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg verursachte am Donnerstag in Potsdam eine bis dahin nicht gekannte Evakuierungsaktion. Ohne Vorwarnung mussten in der Innenstadt innerhalb weniger Stunden rund 10.000 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Außerdem wurden drei Pflegeheime evakuiert. Auch das Regierungsviertel und der Landtag wurden geräumt. Am Hauptbahnhof rollte seit dem Mittag kein Zug mehr. Der Regionalexpress zwischen Magdeburg und Frankfurt (Oder) wurde über Golm umgeleitet.

Um 18.48 Uhr Uhr gab Sprengmeister Mike Schwitzke vom Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes Brandenburg Entwarnung. Die 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe US-amerikanischer Herkunft war erfolgreich entschärft worden. Um 18 Uhr hatte Schwitzke nach Angaben der Stadtverwaltung mit der Entschärfung begonnen. Deren eigentlich für den Nachmittag geplanter Start musste mehrfach verschoben werden, weil sich einige Anwohner weigerten, ihre Wohnungen im Sperrkreis zu verlassen.

Die Bombe war der 154. Blindgänger, der seit 1990 in Potsdam unschädlich gemacht werden musste. Die letzte Bombenentschärfung gab es Anfang Oktober am Brauhausberg. Damals hatten dabei 1700 Potsdamer ihre Wohnungen verlassen müssen.

Polizisten sichern einen Eingang des Hauptbahnhofes in Potsdam, während sie Fragen der Touristen beantworten.
Polizisten sichern einen Eingang des Hauptbahnhofes in Potsdam, während sie Fragen der Touristen beantworten.

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Von der Bombenentschärfung am Donnerstag waren nicht nur die Bewohner des Sperrkreises um den Hauptbahnhof betroffen, sondern jeder Potsdamer, der versuchte, sich durch die Stadt zu bewegen. Vor allem die Sperrung der Langen Brücke führte zu enormen Verkehrsbehinderungen: Auf den Einfallsstraßen im Potsdamer Norden, Westen und Osten gab es kilometerlange Staus, weil Autofahrern in Richtung Babelsberg oder südliche Plattenbauviertel einzig noch die Humboldtbrücke als Havelübergang zur Verfügung stand. Auch in der Gegenrichtung ging im abendlichen Berufsverkehr nichts mehr voran. Die Trams der einzigen beiden Straßenbahnlinien, die die Havel über die nicht gesperrte Humboldtbrücke überqueren, waren bis auf den letzten Stehplatz gefüllt. An den Stationen zwischen Innenstadt und Babelsberg versuchten zahlreiche Menschen vergeblich einzusteigen.

Leere Bahngleise am Hauptbahnhof in Potsdam.
Leere Bahngleise am Hauptbahnhof in Potsdam.

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Die Bombe war am Donnerstag gegen 10 Uhr bei Bauarbeiten unweit des Hauptbahnhofs entdeckt worden. Weil der Sprengkörper bei bauvorbereitenden Maßnahmen bereits bewegt worden war, musste er noch am gleichen Tag unschädlich gemacht werden. Somit fehlte die sonst übliche Vorlaufzeit für die Organisation einer Evakuierung. Bisherige Bombenentschärfungen wurden von der Stadt ein bis zwei Tage vorab angekündigt, sodass Anwohner ihre Wohnungen rechtzeitig verlassen und Firmen ihre Mitarbeiter nach Hause schicken konnten. Außerdem werden für die Sicherung des Sperrkreises meist Hunderte Mitarbeiter von Stadt, Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten mobilisiert. Diese Vorbereitungen mussten am Donnerstag innerhalb von einer Dreiviertelstunde getroffen werden.

In Potsdam gibt es immer wieder Munitionsfunde aus dem Zweiten Weltkrieg. Erst im März war eine Fliegerbombe an der Nuthe unweit des gestrigen Fundortes entschärft worden. Das Rathaus lässt das Stadtgebiet zudem seit Jahren systematisch nach Bomben absuchen. Auch das Gelände der Baustelle der Investitions- und Landesbank in der Babelsberger Straße gegenüber des Hauptbahnhofs war größtenteils untersucht worden. Allerdings befand sich auf einem Teil der Fläche bis vor einigen Wochen ein asphaltierter Parkplatz. Dieses Areal werde nun auf Munition untersucht, teilte die Stadtverwaltung mit. Die meisten der Blindgänger stammen vom großen Luftangriff auf Potsdam am 14. April 1945. Innerhalb von 30 Minuten gingen damals 1750 Tonnen Bomben auf die Stadt nieder. Ziel des Angriffs war damals unter anderem der Bahnhof.

Marco Zschieck

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