zum Hauptinhalt

Berlin: Keine Spur von einem Ruck GRÜNE

Seit einem Jahr ist Klaus Wowereit Regierender Bürgermeister. Dem rot-grünen Intermezzo folgte im Januar die rot-rote Senatskoalition.

Seit einem Jahr ist Klaus Wowereit Regierender Bürgermeister. Dem rot-grünen Intermezzo folgte im Januar die rot-rote Senatskoalition. Was haben Wowereit und die SPD als führende Kraft mit wechselnden Partnern erreicht? Klimatisch hat sich viel geändert, die Bilanz der Entscheidungen fällt jedoch mager aus. In zehn Jahren Großer Koalition war das Klima zwischen CDU und SPD fast immer gereizt. Die SPD drängte auf Veränderungen, Eberhard Diepgen und der CDU war der soziale Friede wichtiger. Jetzt ist es umgekehrt. Das Klima im rot-roten Senat ist sachlich, schiedlich, friedlich. Dafür hagelt es Proteste von fast allen Interessengruppen gegen seine Entscheidungen.

Der kurzlebige rot-grüne Senat hatte wenig Zeit zum Handeln, und was er getan hat, hätte die Große Koalition auch getan. So hatte noch der Diepgen-Senat die Kreditaufnahme von sechs Milliarden Mark beschlossen, verankert wurde sie erst im rot-grünen Nachtragsetat. Damit stieg die Neuverschuldung 2001 von 3,6 auf 9,6 Milliarden Mark. Die letzten 25 Prozent Landesanteile an der Wohnungsbaugesellschaft Gehag wurden verkauft, die Hochschulverträge verlängert, Sir Simon Rattle als Chefdirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters gewonnen, der Vertrag mit Daniel Barenboim an der Staatsoper verlängert.

Um den Spar-, Privatisierungs- und Modernisierungskurs ging es spätestens seit 1996. Wowereit nahm mit seinem Spardiktat einen neuen Anlauf. Doch was heißt Haushaltssanierung? Die Neuverschuldung für 2002 macht mit mehr als sechs Milliarden Euro schon wieder einen Rekordsprung. Die Linkskoalition erreichte ihr Ziel, die Sachausgaben im Haushalt 2002 um 720 Millionen Euro zu kürzen, nur zur Hälfte. Der Solidarpakt über den weiteren Personalabbau im öffentlichen Dienst steht in den Sternen. Böses Blut machen Entscheidungen wie die Schließung von Bädern und die Vergrößerung der Kita-Hortgruppen im Westen auf Ost-Standard. Der SPD wird der Bruch ihres Wahlversprechens, bei der Bildung nicht zu sparen, vorgehalten. Als kleinstes Übel wird noch die Verlängerung der Arbeitszeit für West-Beamte um eine halbe Stunde pro Woche empfunden.

Die Ankündigung, das FU-Klinikum Benjamin Franklin in ein Allgemeinkrankenhaus umzuwandeln, löste Proteststürme aus: Der Senat steckte zurück und berief erst einmal eine Expertenkommission. Mit Ach und Krach stimmte das Parlament 21,6 Milliarden Euro für die Risikoabsicherung der Bankgesellschaft zu. Demnächst soll es eine Senatsbürgschaft über 158 Millionen Euro für die Berlinwasser Holding beglaubigen; wieder rumort es in der SPD.

Manches hat die SPD mit der PDS auf den Weg gebracht, was mit der CDU nicht zu machen war: die Senderfusion von ORB und SFB, die Bewirtschaftung der Behördengebäude, der zentrale Stellenpool und die Videoüberwachung gefährdeter Gebäude. Die Verwaltungsreform steht nun im Dienst der Haushaltssanierung. Auf der Habenseite steht, dass der Bund dem Senat seinen Kostenanteil für die Sanierung der Museumsinsel erlässt. Aber einen wirklichen Beitrag zur Haushaltssanierung durch Schuldendiensthilfen des Bundes hat Wowereit nicht erreicht. Und so dicke Brocken wie die Privatisierung der Bankgesellschaft und die Planung des Großflughafens in Schönefeld sind nicht gestemmt. Brigitte Grunert

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false