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Berlin: „Keiner darf jetzt überziehen“

SPD-Chef Strieder will im Konsens mit der Opposition sparen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder macht der Opposition ein Angebot. Nach dem Urteil zur Verfassungswidrigkeit des Haushalts sollten sich alle Parlamentsfraktionen verständigen, „welcher finanzpolitische Spielraum uns bleibt“, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir müssen einen Dialog hinkriegen über den Korridor, in dem man sich noch bewegen kann.“ Wer, eines kurzfristigen Vorteils wegen, auch den nächsten Haushalt juristisch zu Fall bringen wolle, schade der gesamten Stadt. „Keiner darf jetzt überziehen, sonst geht bald gar nichts mehr.“

Strieder weiß zwar, dass die rot-rote Koalition „den Sparkurs anziehen und mittelfristig geplante Konsolidierungsmaßnahmen vorziehen muss“. In einer Haushaltsnotlage müsse alles, was vernünftigerweise einzusparen sei, auch eingespart werden. Trotzdem halte er nichts von der Formel: „Kassenwart plus Verfassungsgericht ergibt den Haushalt.“ Die Richter hätten nur gesagt: Ihr müsst euch anstrengen und ein Maßnahmepaket vorlegen. „Aber wie und mit welchen Finanzmitteln die Staatsziele in der Landesverfassung verwirklicht werden, ist Sache der Politik.“ Dafür sieht der SPD-Mann auch in Zukunft einen „weiten Spielraum“.

Als Beispiel nennt Strieder den Sport, den die Landesverfassung als förderungs- und schützenswerten Teil des Lebens beschreibt. Dieses Staatsziel erlaube es, die Sportförderung aufrechtzuerhalten. „Wie viele Millionen Euro wir dafür ausgeben, ist eine politische Entscheidung.“ Das Verfassungsgericht habe auch nicht gesagt: Die Brandenburger Sozialhilfe sei gerade noch akzeptabel, aber die Berliner Sozialhilfe nicht. „Oder – Bayern hat nur für zwei Prozent der Altersstufe eine Kinderkrippe, also fahren wir Berlin auf das gleiche Niveau herunter.“ Das Urteil verbiete auch nicht den Nachtverkehr bei der BVG oder Investitionen in die Bildung. „Arm und doof, das kann es nicht sein.“

Mit seinem Appell, „das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten“, wendet sich SPD-Chef Peter Strieder nicht nur an die Opposition, sondern auch gegen den Finanzsenator Thilo Sarrazin. Der interpretiert das Verfassungsgerichts-Urteil eng und will nur noch staatliche Ausgaben zulassen, die bundes- oder landesverfassungsrechtlich unabdingbar sind oder zu denen Berlin vertraglich verpflichtet ist. Strieder gibt zu bedenken: „Alle neuen Sparmaßnahmen brauchen eine Mehrheit in der Stadt, in den Fraktionen und Parteien.“ Wer jetzt Berlin und die Geschichte der Stadt abwickeln wolle, werde dafür keine Mehrheiten finden.

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