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Berlin: Kick it like Birgit

Männersport Fußball? In Berlin spielen über 1500 Mädchen und Frauen in 90 Vereinen – die Tendenz ist steigend

Frauen können kicken wie die Männer, und sie feuern an wie die Männer: Wenn die Fußballnationalmannschaft der Damen heute Abend in den USA zum WM-Finale aufläuft, sitzen auch Hunderttausende begeisterte Berlinerinnen vor dem Fernseher und fiebern mit Torjägerin Birgit Prinz und den anderen Spielerinnen. Vor allem bei jungen Mädchen wird der vermeintliche Männersport immer beliebter, heißt es beim Berliner Fußball Verband: Heute trainieren rund ein Viertel mehr Mädchen auf Berlins Fußballplätzen als noch vor fünf Jahren. Auch die Frauen machen es David Beckham nach. Während in der vergangenen Spielsaison noch 51 Teams antraten, sind es jetzt bereits 63 Mannschaften. Insgesamt kicken in Berlin über 1500 Spielerinnen in fast 90 Vereinen. Anlässlich der WM hat Bildungssenator Klaus Böger die Schulen aufgerufen, Partnerschaften mit Fußballvereinen ins Leben zu rufen.

„Ab Montag klingeln hier die Telefone: Da werden sich Eltern melden, die nach einem Verein für ihre Tochter fragen“, sagt Kathrin Nicklas, Jugend- und Fußballexpertin beim Berliner Fußball Verband. Schon 2001 wollten nach der Frauen-Europameisterschaft mehr Mädchen Fußball-Trikots tragen. Doch statistisch gesehen liegen die Männer in den Fußballvereinen natürlich immer noch weit vorn. Rund 95 000 Berliner sind in Berliner Vereinen registriert – knapp 7000 Mitglieder sind weiblich. „Doch da werden auch Frauen aus der Gymnastikabteilung eines Fußballvereins mitgezählt“, sagt Dietmar Bothe, Pressesprecher des Landessportbundes Berlin (LSB). Aktiv Fußball spielen in der Stadt über 1500 Mädchen und Frauen; es gibt rund 30 Nachwuchs-Teams. Fünf Frauenfußball-Ligen werden geführt – von der Staffelklasse auf dem Kleinfeld bis zur Verbandsliga.

In dieser Liga spielen auch der 1. FC Union und Grün Weiss Neukölln. Am Sonnabend trafen sich die Mannschaften zum Freundschaftsspiel in Köpenick – den 11. Oktober haben die Fifa und Unicef jetzt übrigens zum „weltweiten Tag des Mädchenfußballs“ erklärt. Das war den Union-Mädels um die Trainerinnen Jacqueline Seyde und Ilona Jäger aber egal. „Anna steht! Achtung, Hintermann!“, brüllen sie über den Platz, „Isa – nach außen!“ Klingt auch nicht anders bei den Männern. Nur der Rasen auf dem Nebenplatz ist recht holperig; und der neue Union-Sponsor „Saller“ zeigte sich bei den Damen knauserig. Sie tragen noch die alte „Nike“-Ausrüstung. Gute Chancen aufs Mitspielen haben Mädchen immer dann, wenn der Vater fußballbegeistert ist und sie unterstützt, sagen die Trainerinnen. Frauen und Fußball? Solche Fragen können Abwehrspielerin Jenny und Mittelfeldkickerin Fabiola, beide 14, von Grün Weiss nicht mehr hören. Es macht einfach Spaß und hat den angenehmen Nebeneffekt, „dass einen die Jungs beim Sportunterricht immer als erste ins Team wählen“. Wenn jetzt mehr Mädchen Tore machen, hält das Thomas John, Pressesprecher von Klaus Böger, sogar für pädagogisch wertvoll. „Fußball ist eine kämpferische Sportart, da lernt man, sich durchzusetzen.“

Wenn die Deutschen den WM-Titel holen, werde der Zustrom noch stärker, sagt Kathrin Nicklas vom Berliner Fußball-Verband. Der LSB erhofft sich langfristig durch den Mitgliederzuwachs noch etwas anderes: Mehr Frauen in Führungspositionen. Der LSB bedauert, dass nur knapp 25 Prozent der Führungsjobs in Vereinen und Verbänden von Frauen wahrgenommen werden. Kreuzberg geht da mit gutem Beispiel voran. Beim Damenteam SG Anadoluspor stürmt Safiye Kok. Sie ist 25. Und sie managt das Ganze.

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Annette Kögel

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