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Berlin: Kind verletzte sich bei Spiel im Café – Freispruch für Wirtin

Nach Unfall an einer Ballwurfmaschine: Gericht entlastete Inhaberin einer Steglitzer Gaststätte. Die Aufsichtspflicht liegt bei Vater und Mutter

Kai war in seinem Element. In der bunten Spiellandschaft konnte er prima herumtollen. Seine Mutter saß nur ein paar Meter entfernt in dem Café-Restaurant, zu dem der überdachte Spielplatz mit Klettergerüst, Rutschen und vielen Bällen auf dem Boden gehörte. Plötzlich schrie Kai: „Mama, Mama, ich blute!“ Der dreijährige Junge hatte mit der rechten Hand in den Ventilator einer Ballwurfmaschine gegriffen. Er verlor zwei Glieder am Mittelfinger und ein Glied am Ringfinger.

Waren es mangelnde Sicherheitsvorkehrungen, die zu dem Unfall führten? Hätte die Chefin des Steglitzer Restaurants dafür sorgen müssen, dass permanent eine Aufsichtsperson bei spielenden Kindern ist? Die Staatsanwaltschaft ging von einer Schuld der 37-jährigen Kauffrau aus. Gestern musste sich Nadine D. wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen verantworten. „Die Sicherheit der Kinder war mir immer das Wichtigste“, sagte die Angeklagte, deren Versicherung bereits eine größere Summe für Kai bezahlt hat. Sie habe die TÜV-geprüfte Ballwurfmaschine fachmännisch aufstellen lassen, erklärte die Frau. „Keiner sagte, dass die Maschine gefährlich ist.“ Das Gerät habe in einem von der Spielfläche durch ein Netz abgetrennten Bereich gestanden. In einer Höhe von etwa 85 Zentimetern befand sich ein Reißverschluss – damit man zur Wartung an die Maschine kam. Den Verschluss habe sie stets mit einem Band zusätzlich verknotet. Und vor dem Ventilator sei außerdem ein Gitter mit einer schwer zu öffnenden Metallschnalle angebracht gewesen.

Es blieb im Prozess unklar, wie Kai an die Maschine kommen konnte. Der springende Punkt war auch: Wer hätte auf Kai aufpassen müssen? Die damalige Chefin des inzwischen geschlossenen Cafés erklärte: „Die Aufsichtspflicht oblag den Eltern.“ Nur wenn die „große Variante“ einer Geburtstagsparty gebucht wurde, sei eine Betreuung eingeschlossen gewesen. Bei Kai sei das nicht der Fall gewesen.

Die Mutter aber ging davon aus: „Wenn ich für den Platz bezahle, muss eine Aufsicht da sein.“ Die 33-jährige Tina M. sagte, die Angeklagte müsse bestraft werden. So sah es auch der Staatsanwalt und forderte eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 20 Euro. Das Gericht aber entschied auf Freispruch. „Die Aufsichtspflicht liegt grundsätzlich bei den Eltern“, hieß es im Urteil. Der Eintritt von vier Euro, den die Mutter zahlte, sei allein für die Nutzung der Spielgeräte erhoben worden. Diese wiederum seien geprüft und zugelassen gewesen.

Die Eltern des Jungen bezeichneten das Urteil als einen „Schlag ins Gesicht“. Sie hätten gehofft, dass das Gericht ein Zeichen setzt, sagte der Vater. Und die Mutter erzählte von Kai. Er ist heute fünf Jahre alt und hat immer noch Albträume. Wenn er nachts aufwacht, will er immer nur über eine Geschichte reden. Er nennt sie „Die Geschichte vom blutenden Kai.“

Kerstin Gehrke

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