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Berlin: Kinder nach Ägypten entführt? Vater vor Gericht

Seit drei Jahren sind Hannah und Ibrahim verschwunden. Mahmoud A. soll sie in ein Dorf in seiner Heimat gebracht haben

„Bis übermorgen!“, rief die Mutter noch, als Hannah (5) und Ibrahim (2) mit ihrem Vater davonschlenderten – dreieinhalb Jahre ist das jetzt her. Helen S. hat ihre Kinder seit diesem Tag nicht mehr gesehen: Der 40jährige Vater soll die Kinder Ende Dezember 2000 selbst oder durch unbekannte Helfer in sein Heimatland Ägypten gebracht und dort versteckt haben. Seit gestern muss sich der aus Ägypten stammende Mahmoud A. wegen Kindesentziehung vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten.

Mahmoud A. schweigt vor Gericht. Auch er war lange Zeit verschwunden. Als er aber Anfang des Jahres in Bonn Sozialhilfe beantragen wollte, wurde Mahmoud A. festgenommen. Seine Ex-Frau weiß bis heute nicht, wo Hannah und Ibrahim leben. Ihr Anwalt vermutet, dass die Geschwister in einem kleinen Dorf bei der Familie des Angeklagten oder in Kuwait bei einem Bruder ihres Vaters leben. Konkrete Hinweise aber gibt es nicht. „Es herrscht eine Mauer des Schweigens“, sagt der Rechtsanwalt.

Die Berliner Polizei hat im vergangenen Jahr 160 Fälle von Kindesentziehungen bearbeitet. In der Regel handele es sich um familiäre Streitigkeiten, zumeist könnten die Kinder nach Tagen oder wenigen Wochen wieder zum Erziehungsberechtigten gebracht werden. Schwierig wird es allerdings, wenn sich die Väter ins Ausland absetzen. In Ländern wie Algerien, der Türkei oder Nigeria können die deutschen Mütter kaum auf Hilfe der Behörden setzen. Verweigern die betreffenden Länder die Mitarbeit, ist allerdings auch das Landeskriminalamt (LKA) machtlos. Dann sind wie im Bestseller „Nicht ohne meine Tochter“ Privatdetektive und Eigeninitiative gefragt. „Solche Fälle sind spektakulär, aber glücklicherweise eher selten“, sagt Kommissariatsleiterin Gina Graichen.

Auch im Fall von Hannah und Ibrahim wurde die „Dienststelle für internationale Zusammenarbeit“ beim LKA eingeschaltet. Die deutsche Botschaft wurde informiert, mit ägyptischen Behörden Kontakt aufgenommen. Doch alle Bemühungen blieben erfolglos, sagt der Anwalt der 39-Jährigen. „Hilfe wurde nicht abgelehnt, aber man kann Leute bestechen.“ So habe der ägyptische Anwalt der deutschen Mutter beim familienrechtlichen Verfahren in Kairo plötzlich die Seite gewechselt. Hannah ist jetzt acht Jahre alt, Ibrahim sechs. Ihre Mutter Helen S. soll am Mittwoch im Gerichtssaal als Zeugin vernommen werden.„Es geht meiner Mandantin im Prozess nicht um Strafe“, sagt der Anwalt. „Sie will nur ihre Kinder zurück.“ K.G./kf

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