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Berlin: Kinderschützer an Schulen und Kitas

Wohlfahrtsverbände legen Vier-Punkte-Plan vor: Frühwarnsystem ausbauen und Prävention stärken

Wohlfahrtsverbände legen Vier-Punkte-Plan vor: Frühwarnsystem ausbauen und Prävention stärken

Die drei Kinder in der verschmutzten Lichtenberger Wohnung, die Schulschwänzerin aus Reinickendorf, die beiden verwahrlosten Brüder in Spandau, das geschüttelte Baby in Marzahn: Immer mehr Fälle von vernachlässigten und misshandelten Kindern werden bekannt. Jetzt müsse endlich gehandelt werden, fordern die Wohlfahrtsverbände und schlagen ein Kinderschutzprogramm vor, wie es die Stadt Hamburg gerade aufgelegt hat. Demnach solle der Senat, wie die Sprecherin der Liga der Sozialverbände, Elfi Witten, gestern sagte, den Kinderschutz jetzt zur Chefsache machen.

Wie berichtet, hat Hamburgs Familiensenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) einen Fünf-Punkte-Plan zum Kinderschutz beschlossen. „Berlin orientiert sich oft an Hamburg, jetzt soll die Stadt auch diesem Beispiel folgen“, sagte Elfi Witten. Die Wohlfahrtsverbände wie Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt und Paritätischer Wohlfahrtsverband schlagen vor, dass die Stadt ein Netzwerk Kinderschutz und Prävention begründen müsse, damit Kinder nicht wie bisher in „Zuständigkeitslücken verloren gehen.“ Zweitens müsse ein Frühwarnsystem geschaffen werden, damit nicht erst die Polizei Fälle von Missbrauch und Vernachlässigung aufdecke. So müsse es an jeder Schule und Kita einen Pädagogen geben, der als Kinderschutzbeauftragter in der Lage sei, betroffene Kinder früher aufzuspüren. Jugendämter dürften nicht wie derzeit ratsuchende Eltern sogar abweisen und vor allem bei familienunterstützenden Hilfen sparen. Berlin müsse sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass Vorsorgeuntersuchung für Kinder zur Pflicht gemacht werden.

Die Liga weist darauf hin, dass sich die Zahl der in Berlin bekannt gewordenen Fälle von Kindesmisshandlungen und -vernachlässigungen in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt habe. Dies liege nicht allein daran, dass ein eigenes Kommissariat mehr Straftaten aufdecke: „In Berlin leben doppelt so viele Kinder wie in Hamburg. Doch die Zahl der bei den Erziehungsberatungsstellen bekannt gewordenen Kindesmisshandlungen ist gleich zehnfach so hoch.“ In Berlin werden weit mehr Kinder bei Arbeitslosen, Alkoholikern, psychisch Kranken groß als in Hamburg – die sozialen Verhältnisse haben Auswirkungen auf die Erziehung.

Um den oft überforderten Eltern früher beistehen zu können, müssen – das ist Punkt drei des Katalogs – vorbeugende Angebote ausgebaut werden. „Die Sozialarbeiter freier Träger sollten wieder mehr Hausbesuche machen können“, sagte Witten. Viertens rät die Liga dringend, erzieherische Hilfe nicht noch mehr zu kürzen, Notdienste nicht weiter auszudünnen. Für das Programm werden acht Millionen Euro gebraucht – das ist ein Viertel des Geldes, das der Senat gerade bei den Hilfen zur Erziehung gekürzt hat.

Annette Kögel

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