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Berlin: Kinderschutz: Streit um mehr Stellen

Bezirke fordern mehr Personal für Hausbesuche

Von Sabine Beikler

Es war offensichtlich ein schrecklicher Einzelfall: Der sieben Wochen alte Dennis in Spandau wurde im Januar von den Eltern mutmaßlich zu Tode misshandelt. Nur ein paar Tage vor dem gewaltsamen Tod des Säuglings hatte eine Sozialarbeiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes die Familie aufgesucht. Hätte der Tod von Dennis durch eine bessere Vernetzung von Jugend- und Gesundheitsamt verhindert werden können? Darüber wurde gestern im Jugendausschuss des Abgeordnetenhauses im nichtöffentlichen Teil gesprochen. Das Fazit: „Es gab keinerlei Hinweise auf Vernachlässigung“, sagte der Spandauer Gesundheitsstadtrat Martin Matz (SPD). Deshalb sei auch keine ärztliche Untersuchung angeordnet worden. Eine „absolute Sicherheit“ werde es nicht geben, sagte Matz.

Opposition und Kinderschutzbund kritisierten wie berichtet die Umsetzung des vor einem Jahr vom Senat beschlossenen Netzwerks Kinderschutz, das die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Ämtern und Ärzten verbessern soll. „In dem Bereich kann man nie zufrieden sein, weil immer wieder etwas passieren kann. Aber es läuft schon besser als vorher“, sagte Jugendsenator Jürgen Zöllner (SPD).

So wurden für den Jugendbereich zwei zusätzliche Stellen pro Bezirk bewilligt. Doch zwei weitere Stellen im Kinder- und Jugendgesundheitsbereich fehlen den Bezirken noch. „Wird ein Fall auf Gefährdung des Kindeswohls gemeldet, müssen wir dem nachgehen. Dafür ist ein Hausbesuch mit zwei Mitarbeitern vorgesehen. Um das zu realisieren, brauchen wir aber mehr Personal“, sagt die Spandauer Jugendstadträtin Ursula Meys (SPD). Hinter vorgehaltener Hand verweist die Jugendverwaltung auf die Zuständigkeit der Gesundheitsverwaltung. Die wiederum will im März „Ausführungsvorschriften“ für die Stellen vorlegen. Doch offenbar ist noch nicht einmal die Finanzierung geklärt. „Eine sehr unbefriedigende Situation“, heißt es in Koalitionskreisen.

Vor allem Präventionsarbeit gehört zum Netzwerk Kinderschutz. Darunter fällt auch der Umgang mit dem Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen. 2006 seien 660 Jugendliche unter 18 Jahren wegen Trunkenheit stationär behandelt worden, sagte CDU-Jugendpolitikerin Emine Demirbüken-Wegner. Sie kritisierte, dass ein von der Gesundheitsverwaltung vorgeschlagenes Aktionsprogramm gegen Alkoholmissbrauch noch nicht vorgestellt wurde. Einstimmig verabschiedete der Ausschuss einen Antrag von SPD und Linken, der Senat müsse bis Ende des Jahres berichten, welche „zusätzlichen Maßnahmen“ gegen Alkoholmissbrauch eingeleitet wurden. SPD-Jugendpolitikerin Sandra Scheeres sagte, man solle sich auch das Bremer Gaststättengesetz „noch einmal anschauen“: In Bremen sind Angebote wie Flatrate-Parties verboten, die zu übermäßigem Alkoholkonsum verleiten könnten. Sabine Beikler

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