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Berlin: Kindesmissbrauch in Klinik: Pfleger vermindert schuldfähig

29-Jähriger verging sich an Jungen, die auf der Intensivstation lagen Gericht verhängt drei Jahre und drei Monate Haft gegen Pädophilen.

Mit den Händen verdeckte Michael N. sein Gesicht, als er im Rollstuhl aus dem Saal geschoben wurde. Drei Jahre und drei Monate Haft haben die Richter gegen den Krankenpfleger verhängt. Er hatte auf der Kinder-Intensivstation des Helios-Klinikums in Buch drei Jungen sexuell missbraucht. Seine Opfer waren neun, sechs und acht Jahre alt. „Es waren Kinder in einer besonders schutzwürdigen Situation“, hieß es im Urteil des Landgerichts. Die Eltern wähnten sie an einem besonders behüteten Ort.

Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Haft gegen den 29-Jährigen verlangt, die Verteidigung lediglich eine Bewährungsstrafe. Entgegen der Auffassung des Anklägers schloss das Gericht eine verminderte Schuldfähigkeit des pädophilen Mannes nicht aus. Der 29-Jährige stand bei den Übergriffen unter Einfluss eines starken Schmerzmittels. Er habe seinem Drang deshalb möglicherweise nicht widerstehen können. Michael N. nahm das Medikament nach eigenen Angaben, um seinen Trieb zu bekämpfen.

In sein „Opferschema“, so der Täter, passten blonde Jungen mit blauen Augen. Am Vormittag des 11. Juni 2010 kam es zum ersten Übergriff. Er fasste einen Neunjährigen an, der nach einem Unfall mit einer schweren Gehirnerschütterung auf der Intensivstation lag. Seine Taten filmte N. mit dem Handy. Ähnlich ging er vor, als er im August 2010 einen fünf Jahre alten Jungen missbrauchte, der nach einer Vergiftung behandelt wurde.

Als es dann im November zum dritten Übergriff kam, lag längst eine Anzeige der Eltern des ersten Opfers vor. Sie hatten sich am 13. September bei der Polizei in Oberhavel bei Oranienburg gemeldet. Die Akte ging dann an die Staatsanwaltschaft Neuruppin, von dort nach Berlin. Gut drei Monate dauerte es, bis N. am 17. Dezember verhaftet wurde. Wegen der langwierigen Ermittlungen prüft das Polizeipräsidium Brandenburg disziplinarrechtliche Schritte gegen die Beamten, bei denen die Eltern Anzeige erstattet hatten. Es habe ein „individuelles Versagen einzelner Beamter“ gegeben. Die Richter gingen auf den schleppenden Beginn der Ermittlungen nicht ein.

Michael N. hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt. „Ich merkte, dass ich die Kontrolle verliere“, sagte er. „Nach dem ersten Übergriff wusste ich: Der Teufel ist nicht mehr im Zaum zu halten.“ Kurz nach seiner Verhaftung wollte er sich selbst richten und verletzte sich schwer. Der Krankenpfleger ist seitdem gelähmt. „Wir sehen bei dem Angeklagten ein großes Maß an Reue und Schuldgefühlen“, hieß es im Urteil. Er leide offensichtlich unter seiner sexuellen Neigung. Aber die Folgen seiner Taten sind gravierend.

Die Eltern hatten es im Prozess berichtet. So wollte der sechsjährige Junge nicht mehr in die Schule. Er lehnte Essen ab und wusch sich zwanghaft die Hände, bis sie wund waren. Bis heute ist er in Behandlung. Michael N. hatte am Ende der Verhandlung erklärt: „Es gibt keine Entschuldigung dafür.“ Er hat eine Therapie begonnen. Als Krankenpfleger wird er wegen seines gesundheitlichen Zustands wohl nie wieder arbeiten können. Völlig unklar ist, ob und wann er als „haftfähig“ die verhängte Strafe antreten kann.

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