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Kindstötung: Mutter wegen achtfachen Mordes angeklagt

Die Staatsanwaltschaft hat gegen die 40-jährige Mutter der neun toten Babys von Brieskow-Finkenheerd Anklage erhoben. Der Frau werde achtfacher Mord und in einem Fall Kindstötung vorgeworfen.

Frankfurt (Oder) - Dies erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), Ulrich Scherding, am Mittwoch. «Wir gehen davon aus, dass eine besondere Schwere der Schuld vorliegt.» Die Kindesmutter, die in Untersuchungshaft sitzt, soll 9 ihrer 13 Kinder unmittelbar nach der Geburt getötet haben. Zur Todesursache der sieben Mädchen und zwei Jungen wollte Scherding keine Angaben machen.

«Details sollen erst in der Hauptverhandlung erörtert werden.» Scherding zufolge geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Frau bei den Taten voll schuldfähig war. Am 31. Juli vergangenen Jahres waren die in Blumenkübeln verscharrten Leichen der Kinder bei Aufräumarbeiten entdeckt worden. Sie lagen auf dem elterlichen Grundstück der Frau in Brieskow-Finkenheerd in Brandenburg. Schnell fiel der Verdacht auf die Kindesmutter - sie kam in Untersuchungshaft. «Wir stehen vor einem Verbrechen, das es in diesem Ausmaß in der Geschichte der Bundesrepublik nach meiner Erinnerung noch nie gegeben hat», sagte damals Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU).

Die Mutter hatte angegeben, die Kinder zwischen 1988 und 1999 allein und ohne fremde Hilfe heimlich zur Welt gebracht zu haben. Nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung (Donnerstag) soll die gelernte Zahnarzthelferin der Anklage zufolge das erste Kind gleich nach der Geburt getötet haben, um ihre Ehe nicht zu gefährden. Scherding sagte dazu: «Sie wollte das Kind nicht, zu den Todesumständen halten wir uns zunächst bedeckt.» Die Ermittler gehen aber davon aus, dass es sich hier um eine Kindstötung - nach Angaben von Scherding wie Totschlag zu bewerten - aber keinen Mord handelte.

Anders bei der Tötung der acht weiteren Kinder: «Wir gehen davon aus, dass die Frau dabei jeweils die erste Kindstötung verdecken wollte, und damit ist ein Mordmerkmal erfüllt.» Bislang hatte die Staatsanwaltschaft wegen Totschlags gegen die Mutter ermittelt. Die heute 40-Jährige hatte laut Scherding angegeben, sich zumindest vor den sieben letzten Geburten betrunken zu haben - und plötzlich seien die Kinder tot gewesen. Nach dem Bericht der «Bild» hätte die Frau aus Sicht der Ermittler die Spuren der Geburten nicht so perfekt beseitigen können, wenn sie stark betrunken gewesen wäre.

Sollten auch die Richter des Landgerichts Frankfurt (Oder), dem die Anklage zugestellt wurde, in einem Prozess auf eine volle Schuldfähigkeit erkennen, dann muss die Frau mit lebenslanger Haft rechnen. Eine Feststellung der besonderen Schwere der Schuld würde eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren erheblich erschweren. Noch steht aber kein Prozesstermin fest.

Derzeit sitzt die 40-Jährige in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht wird nach Auskunft von Scherding aber Ende dieser Woche über eine Haft-Fortsetzung entscheiden müssen. Laut Gesetz ist dies nötig, wenn binnen sechs Monaten kein Urteil ergangen ist.

Unterdessen ist der Fall in dem eher beschaulichen Brieskow-Finkenheerd mit seinen 2690 Einwohnern längst nicht mehr Gesprächsthema Nummer eins, wie Bürgermeister Ralf Theuer (parteilos) versicherte. Aus den Köpfen ist er damit noch lange nicht. «Damals stand der Ort unter Schock, und ich bekomme die Bilder bis heute nicht aus dem Kopf.» (Von Imke Hendrich, dpa)

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