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Berlin: Kinkelstraße: Anwohner lehnen Umbenennung ab CDU kippt den Konsensbeschluss Bürgerforum fühlt sich verschaukelt

Spandau. „Wir fühlen uns von der Politik verarscht“, sagt Hans Wöhrl, der in der Spandauer Altstadt eine Tierarztpraxis betreibt.

Spandau. „Wir fühlen uns von der Politik verarscht“, sagt Hans Wöhrl, der in der Spandauer Altstadt eine Tierarztpraxis betreibt. Nach 16-jähriger, kontroverser Diskussion hatten die Bezirksverordneten die umstrittene Rückbenennung der während der Nazi-Zeit umgetauften Kinkelstraße in Jüdenstraße erst vor Jahresfrist zu den Akten gelegt. Jetzt soll der damals mit den Anliegern erzielte Konsens nicht mehr gelten. Ohne erneute Diskussion mit den Betroffenen beschloss die CDU-FDP-Mehrheit – unterstützt durch einige SPD-Stimmen – erneut die Umbenennung.

Anlass für den Stimmungswechsel war der Kampf um den Bürgermeisterposten. Als die FDP nach den Wahlen in die BVV zurückkehrte, wurde sie zum Zünglein an der Waage. Fraktionschef Karl-Heinz Bannasch, dessen Ziel die Rückbenennung der Kinkelstraße ist, machte davon die Unterstützung der Liberalen abhängig. Um Konrad Birkholz den Bürgermeisterposten zu sichern, akzeptierten die Christdemokraten die Jüdenstraße als Bestandteil der Koalitionsvereinbarung, die jetzt umgesetzt wurde.

Auf der BVV-Sitzung in der vergangenen Woche kam es zum Eklat. Die CDU habe sich an die FDP „verkauft“, sagte der SPD-Kreisvorsitzende Swen Schulz. Karl-Heinz Bannasch erklärte, bei den Koalitionsgesprächen habe der Sozialdemokrat im Gegenzug zu liberaler Unterstützung für die SPD-Bürgermeisterkandidatin ebenfalls Zustimmung zur Rückbenennung signalisiert. Schulz bezichtigte Bannasch daraufhin der Lüge, gestand aber ein, der FDP zumindest Diskussionsbereitschaft signalisiert zu haben.

Die Mehrheitsentscheidung gegen die Rückbenennung auszuhebeln, sei „undemokratisch“, klagen Anwohner. „Wir befinden uns in einer neuen Legislaturperiode“, ist dazu die Auffassung von Karl-Heinz Bannasch. Die einst im „Bürgerforum Kinkelstraße“ zusammengeschlossenen Anwohner bezeichneten das Verhalten der neuen Koalition im Rathaus als „beschämend und skandalös“. Durch Gedenktafeln und Publikationen sollte eine Auseinandersetzung mit der jüdischen Geschichte erreicht werden. Noch im Juni soll die Absicht zur Rückbenennung im Amtsblatt veröffentlicht werden. Die Betroffenen können dagegen beim Tiefbauamt Widerspruch einlegen und im Falle einer Ablehnung vor Gericht ziehen. du-

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