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Auf der Kino-Baustelle. Ende Mai wollen Burkhard Voiges (re.) und Rainer Krisp ihr Haus eröffnen.

© Thilo Rückeis

Kino in Kreuzberg: Die neue Eiszeit beginnt

Seit 2015 werden in der Zeughofstraße keine Filme mehr gezeigt. Ende Mai aber wird das dortige Kino mit neuem Konzept wiedereröffnet.

Ein schon etwas verschossenes Plakat an der Fassade, gleich neben der Hausdurchfahrt, wo es zum Hinterhofbereich geht, erinnert noch an den vorerst letzten Berlinale-Einsatz des Eiszeit-Kinos. Das „Kulinarisches Kino“ wurde in der Zeughofstraße 20 in Kreuzberg schon gefeiert, und auch die Programmsparte „Berlinale goes Kiez“ fand hier eine angemessene Adresse.

Das war im Februar 2015, kurz danach wurde das Eiszeit erst mal dichtgemacht: Die Sanierung des Gebäudekomplexes stand an, auch die traditionellen Kino-Räume sollten eine andere Bestimmung finden. Aber nun ist es mit der kinolosen Zeit in diesem Winkel von SO 36 bald Schluss: Ende dieses Monats – ein genauer Termin steht noch nicht fest – soll das Eiszeit-Kino wiedereröffnen, unter derselben Adresse, nun aber ins Vorderhaus gerutscht, von zwei auf drei Säle erweitert und um Gastronomie- und Barbereich ergänzt – ein kulinarisches Kino also nicht nur für anderthalb allzu kurze Berlinale-Wochen, sondern täglich.

Wer in den vergangenen Wochen sich die Baustelle von den beiden Betreibern Burkhard Voiges und Rainer Krisp erläutern ließ, mochte sich vielleicht ein wenig an den Zweckoptimismus der BER-Bauherren vor einem der verstrichenen Eröffnungstermine erinnert fühlen, aber das aus der Programmkinoszene stammende Duo versichert, man liege voll im Zeitplan. Und da der rohe Zustand, den eine Baustelle naturgemäß nun einmal hat, auch im fertigen Zustand nicht ganz verschwinden, das Rauhe, Ungeschliffene eben den Charme des Hauses ausmachen soll, mag das ja auch stimmen. Funktionalität, nicht designten Schnickschnack habe man im Sinn gehabt, erläutern die beiden Kino-Männer ihr Konzept.

Das Haus, geschaffen Anfang des 20. Jahrhunderts für die einst übliche Berliner Mischung aus Wohnen und Gewerbe, hat als Kinoort schon einige Tradition, und obwohl das Eiszeit seit März 2015 nicht mehr in Betrieb ist, ist es als Marke doch noch immer bekannt, finden Mitteilungen in den sozialen Medien auch weiterhin hinreichend Resonanz. Gegründet wurde das Kino allerdings 1981 in Schöneberg, ein Kinder der damaligen Hausbesetzerbewegung. Erst 1985 wechselten die damaligen Betreiber in die Zeughofstraße. In der Programmkinoszene hatte das Haus einen guten Namen, Burkhard Voiges und Rainer Krisp halten es aber für nicht unwahrscheinlich, dass ohne den Einschnitt der anstehenden Haussanierung das Kino irgendwann einfach sanft entschlafen wäre aufgrund sinkenden Publikumsinteresses.

Im kleinsten Saal des neuen Eiszeit-Kinos warten die alten Stühle aus dessen Vorgänger auf ihre Reaktivierung.
Im kleinsten Saal des neuen Eiszeit-Kinos warten die alten Stühle aus dessen Vorgänger auf ihre Reaktivierung.

© Thilo Rückeis

Mit einem geänderten Konzept soll dem auf zwei Etagen verteilte Kinokomplex nun wieder neues Leben eingehaucht werden. Zwei Eingänge auf Straßenebene wird es geben: Der rechte führt in eine Raucher-Cocktailbar, der linke in einen Restaurantbereich, in dem gehobene Bistro-Küche geboten werden soll. Durch ihn geht es in die drei Kinosäle, die neue Digitaltechnik und gute Sichtverhältnisse bieten werden, verteilt auf etwa 95, 65 und 35 Sitze, wobei die Bestuhlung im kleinsten Saal zugleich etwas für Traditionalisten ist: Sie stammt noch aus dem alten Eiszeit, die anderen Kinosessel lässt man eigens neu herstellen.

Die inhaltliche Ausrichtung bleibt dem Programmkino verpflichtet, doch wünschen sich die Betreiber nicht nur herkömmliches Abnudelkino, sondern einen Ort, in dem über die Filme auch wieder gesprochen wird – gerne hinterher im Restaurant oder der Cocktailbar: Die Investitionen müssen sich ja rentieren. Das Zauberwort heißt also Mischkalkulation.

Die könnte dann beispielsweise so aussehen, dass sonntags am Vormittag hinten Kinderfilme für die Kleinen gezeigt werden, und die Großen lassen sich derweil vorne am Bistrotisch kulinarisch verwöhnen. Oder ein Darsteller oder Regisseur, der auch mit Bratpfanne und Kochlöffel umzugehen versteht, bereitet schon seine Spezialitäten zu, während im Saal noch sein Film läuft. Immer soll dabei signalisiert werden: „Leute, ihr könnt hinterher über den Film auch noch reden.“

Und es gehört auch zum Konzept, dass die Säle doch von eher bescheidener Größe sind. Die Zahl der Filme, die jährlich ins Kino kommen, habe sich im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt, es sei daher schwer geworden, große Säle durchweg voll zu bekommen. Mit dem kleineren, auf drei Säle verteilten Sitzplatzangebot hoffen die beiden Betreiber dieser Tendenz begegnen zu können und mit ihrem gastronomisch unterstützten Kommunikationsangebot den Zeittrend des Programmkinos getroffen zu haben.

Informationen zum Eiszeit-Kino unter www.eiszeitkino.com

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