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Berlin: Kinowelt: Klinisch tot

Die drohende Pleite der Münchner Kinowelt AG hat für den Berliner Kinomarkt weitreichende Folgen. Nach dem Aus für das "Kant" in Charlottenburg werden jetzt auch neue Betreiber für das Multiplex-Kino in der Kulturbrauerei und für das Kinocenter in den Spreehöfen in Oberschöneweide gesucht.

Die drohende Pleite der Münchner Kinowelt AG hat für den Berliner Kinomarkt weitreichende Folgen. Nach dem Aus für das "Kant" in Charlottenburg werden jetzt auch neue Betreiber für das Multiplex-Kino in der Kulturbrauerei und für das Kinocenter in den Spreehöfen in Oberschöneweide gesucht. In der Branche ist die Bereitschaft, die Leinwände zu übernehmen, allerdings gering. Der Boom ist längst vorbei, der Markt gesättigt. Die wenigsten der 14 Berliner Riesen-Kinos schreiben schwarze Zahlen.

Für das Kant-Kino gibt es keine Rettung mehr. "Die Angestellten haben ihre Kündigung zum 30. November erhalten", sagt Kinowelt-Vorstand Wolf-Dietrich von Verschuer dem Tagesspiegel. Dann gehen in dem traditionellen Charlottenburger Kino endgültig die Lichter aus. Für die Kinowelt AG ein herber Verlust, hatte sie doch das Haus erst vor einigen Jahren übernommen und mit Millionenaufwand zu einem Center mit fünf Leinwänden ausgebaut. Im großen Saal wird seit Wochen kein Film mehr gezeigt. "Es war unmöglich, dieses Haus zu retten", sagt von Verschuer, auch für einen anderen Betreiber sei das Kino uninteressant, so "tiefrote Zahlen" seien hier geschrieben worden. Bundesweit muss sich die Kinowelt AG von 20 Groß-Kinocentern (den so genannten Multiplexen) und 10 anderen Theatern mit zusammen 200 Leinwänden trennen. In Berlin sind neben dem Kant drei weitere Kinos betroffen.

Von Verschuer verhandelt derzeit mit den Vermietern in der Kulturbrauerei und den Spreehöfen. "Die Kinos brauchen andere Rahmenbedingungen." Soll heißen: Die Miete muss drastisch sinken, um die Theater zu retten. Quadratmeterpreise von 40 Mark spielt kein Kino ein. Die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG) bestätigt ebenfalls die Gespräche, will sich aber nicht weiter äußern. Sprecherin Sabine Pentrop gibt sich optimistisch: "Mehrere Kinobetreiber haben Interesse signalisiert." Eine Rundfrage des Tagesspiegels ergibt eine anderes Bild. Weder die Cinemaxx AG, die das benachbarte Colosseum betreibt, noch die Geschwister Marlis und Heiner Kieft mit ihrer Kette CineStar möchten sich derzeit ein weiteres Multiplex im völlig übersättigten Berliner Markt zulegen. Einzig Georg Kloster, Chef der Berliner Yorck-Kino-Kette, Hausherr unter anderem im Filmtheater am Friedrichshain, signalisiert vorsichtige Bereitschaft: "Das ist alles eine Frage der Konditionen." Also: Runter mit der Miete. Fest steht: Sollte nicht schnell eine Lösung gefunden werden, droht dem im Herbst 1999 eröffneten Haus zumindest zeitweilig das Aus.

Schuld an der Misere ist jedoch nicht allein die Schieflage der Kinowelt AG. In Berlin gibt es zu viele Kinos für eine eher stagnierende Zahl von Besuchern. 11,5 Millionen Eintrittskarten sind im Jahr 2000 verkauft worden, etwa genauso viele wie 1999. Auch wenn im ersten Halbjahr 2001 die Tendenz etwas nach oben zeigt, ist das noch viel zu wenig, um die 290 Kinosäle in 102 Theatern mit mehr als 60 000 Sitzplätzen wirtschaftlich zu betreiben. Das Ende für das Kant-Kino ist symptomatisch. "Charlottenburg und der Kurfürstendamm sind keine Ausgeh-Gegenden mehr", sagt Georg Kloster, kinotechnisch klinisch tot. Aber auch die Multiplex-Theater laufen nicht wie erwartet. Beispiel dafür: Seit Monaten wird die Eröffnung des neuen Kinos Cubix am Alexanderplatz verschoben. Einen genauen Termin gibt es auch jetzt noch nicht.

Seit dem Beginn des Multiplex-Booms haben vor allem traditionelle Theater schließen müssen. Insbesondere den Kurfürstendamm hat es getroffen. Neben der Filmbühne Wien, dem Gloria und dem Marmorhaus mussten auch kleine Theater wie die Lupe 1 und 2, das Kuli und das Olympia aufgeben. Für das Sputnik Wedding gab es ebenso keine Rettung wie für das Nord in Prenzlauer Berg. Das Kinosterben am Kurfürstendamm soll, so beteuern die Betreiber, zunächst nicht weitergehen. Die Cinemaxx AG hält am Filmpalast Berlin bis 2008 und am Astor bis Ende 2002 fest. Und auch für das in Bedrängnis geratene Filmkunst 66 zeichnet sich eine Lösung ab. Kinowelt-Vorstand von Verschuer verspricht: "Die beiden Leinwände bleiben in Betrieb."

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