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Berlin: „Kirchenfeind“ SPD

Debatte im Parlament: Heftige Kritik von CDU und FDP am Pflichtfach Wertekunde

Trotz der massiven, bundesweit geäußerten Kritik halten Berlins Regierungsparteien SPD und PDS daran fest, einen verpflichtenden Werteunterricht in Berlin einzuführen. Die rotrote Koalition wird dabei von den Grünen unterstützt, dessen Abgeordneter Öczan Mutlu gestern im Abgeordnetenhaus vor „ideologischen Grabenkämpfen“ warnte. Das sei das Letzte, was diese Stadt brauche. Berlin stehe, mit Menschen aus 190 Staaten und 130 Religionsgemeinschaften, für kulturelle und religiöse Vielfalt, sagte Mutlu in der Aktuellen Stunde des Parlaments. In einer solchen Situation sei es wichtig „für den pädagogischen Erfolg, dass die Schüler miteinander und voneinander lernen und nicht getrennt nach Konfessionen unterrichtet werden“.

Dieses Ansinnen, schulische Wertevermittlung „gemeinsam im Klassenverband“ zu betreiben, wurde auch vom SPD-Fraktionschef Michael Müller hervorgehoben. Der PDS-Fraktionsvorsitzende Stefan Liebich schloss sich dem an: „Die teilweise nichtreligiöse, teilweise multireligiöse Gegenwart in Berlin kann man nicht mit Modellen aus dem katholischen Schwabenland beantworten.“

Bildungssenator Klaus Böger (SPD), der sich mit seinem Vorschlag eines Wahlpflichtfachs Ethik/Religion in der eigenen Partei nicht durchsetzen konnte, kündigte gestern erneut an, dass der Senat bei der Vorbereitung des neuen Pflichtfachs mit den Kirchen eng kooperieren werde. „Es gibt keinen Kulturkampf und kein Raustreiben der Religion aus den Schulen“, sagte Böger. CDU und FDP ließen sich von diesen Argumenten nicht beeindrucken. Der FDP-Fraktionschef Martin Lindner warf den Sozialdemokraten vor: „Sie stehen bildungspolitisch für eine Art DDR light.“ Senator Böger, der etwas anderes wolle, habe in der eigenen Partei „die Durchsetzungsfähigkeit eines Rehpinschers in einem Wolfsrudel“. Die öffentliche Debatte mache den Frontverlauf klar. SPD, PDS und Grüne stünden „für den Einheitsbrei“, CDU und FDP „für Freiheit und Individualität“.

Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Nicolas Zimmer deutete an, dass der bundesweit entbrannte Streit um den Religions- und den staatlichen Werteunterricht für die Union ein lohnenswertes Wahlkampfthema sein könnte. Er warf der SPD vor, kirchenfeindlich zu sein. „Die Berliner werden sich spätestens zur Wahl 2006 entscheiden können, ob sie ihren Kindern eine Schule der Orientierungslosigkeit und Gleichmacherei zumuten wollen.“ Bei dem Bemühen, den Werteverfall in der Gesellschaft zu stoppen, spielten der Glaube und die Religion eine wesentliche Rolle.

Bildungssenator Böger sagte, dass sich in den Klassen 1 bis 6 „überhaupt nichts ändert“. Für das Wertefach ab Klasse 7 werde der Senat zurErarbeitung der Lehrpläne die Kirchen, Religionsgemeinschaften und den Humanistischen Verband einladen. Hier gehe es um pragmatische Fragen, nicht „um Gut oder Böse“. za

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