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Berlin: Klageflut gegen die Wasserpreise

Die Wohnungsunternehmer in Berlin und Brandenburg ziehen gegen den Senat und die Wasserbetriebe vor Gericht

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Weil die Wasserpreise ständig steigen, will der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) den Senat mit Klagen überziehen. Vor dem Verwaltungsgericht soll erzwungen werden, dass die Wirtschaftsverwaltung Akteneinsicht in die Tarifkalkulation der Wasserbetriebe (BWB) gewährt. In einem zweiten Verfahren gegen die Finanzverwaltung will die BBU erreichen, dass sie in den Kaufvertrag einsehen kann.

Die landeseigenen Wasserbetriebe wurden 1999 zu 49,9 Prozent an private Investoren (RWE und Veoila) verkauft. Für 1,68 Milliarden Euro, die in die Landeskasse flossen. „Wir gehen davon aus, dass dieser Kaufpreis über dem Verkehrswert lag und die Verbraucher jetzt dafür herhalten müssen, den überhöhten Preis über die Wassergebühren an die Investoren zurückzuzahlen“, sagte der BBU-Chef Ludwig Burkhardt dem Tagesspiegel. Immerhin seien die Tarife seit Anfang 2004 um 20 Prozent gestiegen und eine weitere Erhöhung um drei bis vier Prozent stehe bevor.

„Insofern war die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe eine verdeckte Kreditaufnahme des Landes Berlin“, kritisierte Burkhardt. Die privaten Haushalte und die Berliner Wirtschaft müssten dieses Darlehen nun tilgen. Die Verträge mit den Investoren garantieren RWE und Veoila eine „angemessene Verzinsung“ des Eigenkapitals. Das ist in der Branche durchaus üblich. „Aber wir haben den Verdacht, dass das betriebsnotwendige Eigenkapital zu hoch angesetzt, also nicht richtig berechnet wurde“, sagte Burkhardt. Deshalb will sein Verband, unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz, in die Akten schauen.

Die Wirtschafts- und die Finanzbehörde haben dies verweigert. Unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die nicht unter das gesetzliche Akteneinsichtsrecht fallen. Aber die Wasserbetriebe, so Burkhardt, hätten ein Monopol zur Wasserversorgung. „Von einer Wettbewerbsschädigung durch die Offenbarung von Geschäftsdaten kann nicht die Rede sein, denn es gibt keinen Wettbewerb.“ Bei der Finanzverwaltung läuft noch das Widerspruchsverfahren. Wenn es negativ endet, was zu erwarten ist, reicht die BBU ebenfalls Klage ein.

Außerdem bereitet ein großes Berliner Wohnungsunternehmen eine Klage gegen die „unbilligen Tarife“ der Wasserbetriebe vor. Der BBU-Vorstand Burkhardt bestätigte dies. „Wir unterstützen diese Klage.“ Er kritisierte gestern die Industrie- und Handelskammer, die sich mit ihrer Forderung nach einem neuen Tarifsystem (Aufteilung in Grund- und Arbeitspreis) einseitig für die Wirtschaftsunternehmen engagiere.

Mit einem Tarifsplitting werden nach Meinung der Wohnungsunternehmer die Kosten für Wasser und Abwasser auf die privaten Haushalte übergewälzt. Einen solchen „Verteilungskampf“ lehnt Burkhardt ab. „Bevor in Berlin über eine neue Tarifstruktur nachgedacht wird, müssen die Tarife runter.“ Das soll nun gerichtlich erzwungen werden.

An die privaten Gesellschafter RWE und Veoila wurden im vergangenen Jahr 134 Millionen Euro Gewinne abgeführt. Das Land Berlin bekam nur 35,8 Millionen Euro Dividende. Diese „disproportionale Gewinnverteilung“ wurde in den Privatisierungsverträgen festgeschrieben. Bis 2010 wird der Gewinnanteil für das Land auf 113,6 Millionen Euro steigen. Über Steuern und Abgaben kommen weitere 110 Millionen Euro hinzu. Die Wasserverbraucher tröstet das wenig.

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