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Hereinspaziert! Hier sagt die niederländische Sängerin Ellen ten Damme dem Publikum am Brandenburger Tor das Straßensymphonieorchester mit jungen Nachwuchskünstlern aus Amsterdam an - und singt dann gleich mal weiter.

© Wout Nooitgedagt

Klassik am Tor, in Hospiz und Ausländerbehörde: Symphoniker auf der Straße

Sie kommen aus den Niederlanden, und sie verzaubern am Freitag noch Berlins Plätze und Straßen: Die jungen Musiker vom Straßensymphonieorchester aus Amsterdam.

Da draußen im Kirchhof am Askanischen Platz, das klingt doch wie – ein Symphonieorchester. Ein Klassikorchester, Open Air, im Hof? Gleich mal nachgucken.

In Boardshorts am Streichinstrument

Da stehen sie mit ihren Oboen und Hörnern und Violinen, die Jugendlichen aus den Niederlanden vom „Stichting Ricciotti Ensemble“. In Jeans, in Surfershorts, in Wallawalla-Gewändern klingen sie wie in der Philharmonie, die Musikstudenten zwischen 18 und 28. Sonst üben die gut 40 Ensemblemitglieder an Konservatorien in den Niederlanden – und jedes Jahr touren sie als Straßensymphoniker durch die Lande. Diesmal treten die Cellisten und Saxophonisten hauptsächlich in Berlin auf, eine Pressekonferenz oder ähnliches gab es stilecht nicht. Dank eines lokalen Orchesterfans wurden Auftritte in Kitas und Altenheimen, in Hospizen und im Knast, auf Türkischen Märkten und der Ausländerbehörde, in Kinderkliniken oder auch im Freibad Plötzensee organisiert. „Wir gehen zu den Leuten hin, die sonst eher nicht mit Klassik in Berührung kommen“, sagt Rosa de Bruin.

Kinder legen das Smartphone beiseite

Hier im Hof der St.-Lukas-Kirche an der Bernburger Straße klatschen arabisch- und türkischstämmige Nachbarn auf Plastikstühlen, und selbst Schulkinder legen das Smartphone aus der Hand. Die holländische Sängerin Ellen ten Damme bläst erst absichtlich ein bisschen schräg in ihre bunte Flöte, dann verzaubert sie auch die Nachbarn an den geöffneten Fenstern mit der Weillschen Seeräuber-Jenny. Schumann wird zu Gehör gebracht, Nina Hagen, Jazzanova, die Berliner Luft – oder auch 99 Luftballons, da lassen die Musiker in ihrer Choreographie echt welche in die Luft absirren. Ein kleiner Verstärker lässt den Sound in den Boxen erklingen. Wer als Musiker auf Tournee mit will, muss etwas bezahlen, und alle wohnen in Hostels. Und so ist es mit all dem unkonventionellen Amsterdamer Charme auf der „Ricciotti’s Roarin’ Berlin Tour“ sogar geglückt, beim Spontanevent vorm Brandenburger Tor die Polizisten erst zum Mitlauschen zu bewegen und anschließend zur Passkontrolle.

Das Straßensymphonieorchester spielt noch am Freitag öffentlich um 17 Uhr, Theodorus Hospiz, Turmstraße 21 in Moabit und um 19 Uhr am Yaam An der Schillingbrücke in Friedrichshain. Es gibt auch CDs, und wer als „Ricciotti-Groupie“ spenden will, findet sie auf Twitter, Facebook und im Netz: www.ricciotti.nl/en.

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