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Berlin: Klassische Jugend: Tosca statt Disco

Sie nennen sich Apollos und sind unter 30 – die jungen Förderer der Staatsoper

Sie hat es versucht. Zum Beispiel mit Singen. Das hat aber nicht so gut geklappt, darum hat sie es dann mit einem Instrument probiert. Blockflöte. Doch auch das: „ein Desaster“. Deshalb hat Constanze Luise Lehmann das Musizieren lieber sein lassen. Und sich stattdessen auf den Musikkonsum beschränkt. Aber weil es in ihrem Freundeskreis nur wenige gibt, mit denen sie ihre Leidenschaft für Klassik teilen kann, ist sie den neu gegründeten „Jungen Freunden“ beigetreten, der Jugendgruppe der „Freunde und Förderer der Staatsoper Unter den Linden“. Sie selbst nennen sich Apollos. Einzige Bedingung für die Aufnahme in den Club: Die Mitglieder dürfen nicht älter als 30 Jahre sein. Constanze Luise Lehmann ist jetzt 29.

Vier Jahre ist es nun her, dass sich die Berlinerin den jungen Klassikfreunden angeschlossen hat. Seither bereitet sie in Zusammenarbeit mit Rainer O. Brinkmann, dem Theaterpädagogen der Staatsoper, monatliche Treffen und Opernabende für die 60 Clubmitglieder vor. Gemeinsam besuchen sie Orchesterproben, lassen sich die Seitenbühne zeigen oder sprechen mit Musikern. „Es geht darum, einen Blick hinter die Kulissen des Opernbetriebs zu werfen“, sagt Constanze Luise Lehmann.

Derzeit findet das 4. Internationale Opernwochenende in Berlin statt, das von den Apollos organisiert wurde. Ein halbes Jahr lang haben sie es vorbereitet, Jugendherbergen für die Gäste aus Italien, Großbritannien oder Frankreich gebucht, ein Rahmenprogramm inklusive Stadtrundfahrt zusammengestellt. Zudem stehen Besuche von Puccinis „Tosca“ und Bizets „Carmen“ in der Staatsoper an.

Für einige Teilnehmer ist die Veranstaltung auch ein Wiedersehen. Denn Operntreffen für junge Klassikfans finden in ganz Europa statt. Etwa in Paris oder in Brüssel. „Man trifft sich auf verschiedenen Events immer wieder, da können auch Freundschaften entstehen“, sagt Constanze Luise Lehmann. Mit zehn Jahren hörte sie erstmals Lortzings „Zar und Zimmermann“: „Da hat mich der Virus infiziert.“ Während des Jurastudiums an der FU war das Budget für Opernbesuche dann knapp. Da traf es sich gut, dass Constanze Luise Lehmann auf die Apollos stieß. Die Mitgliedschaft kostet jährlich 40 Euro, dafür gibt es neben den selbst organisierten Veranstaltungen Ermäßigungen auf die Eintrittskarten.

Die Musik sei für sie ein guter Ausgleich, auch um geistig in eine andere Welt einzutauchen. Dann kann Constanze Luise Lehmann abschalten vom Alltag als Rechtsanwältin in ihrer Kanzlei in Charlottenburg. Als Strafverteidigerin hat die promovierte Juristin mit kriminellen Jugendlichen oder Vergewaltigern zu tun. Da lenkt abends eine CD von Verdi oder Mozart gut ab.

Warum junge Menschen oft Berührungsängste mit der Klassik haben? Constanze Luise Lehmann kann es sich nicht erklären. Eins hat sie jedoch festgestellt: Wenn das Eis erst einmal gebrochen ist, dann lösen sich Vorbehalte schnell auf. „Ich hab schon einige Freunde mit in die Oper geschleppt, denen hat es immer gefallen.“ Ein knappes Jahr bleibt ihr noch, dann wäre Constanze Luise Lehmann laut Apollo-Satzung zu alt für den jungen Opernclub. Aber ganz so eng sehen es die Mitglieder dann doch nicht. Einige sind 35 und älter. Jugend ist heute eben keine Frage des Alters mehr.

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