zum Hauptinhalt

Berlin: Klaus Böger: Unverzichtbarer Mittler

Im Senat der Großen Koalition war Klaus Böger der zweite Mann nach Eberhard Diepgen. Der Bürgermeister und Schulsenator war die Stimme des kleineren Koalitionspartners SPD.

Im Senat der Großen Koalition war Klaus Böger der zweite Mann nach Eberhard Diepgen. Der Bürgermeister und Schulsenator war die Stimme des kleineren Koalitionspartners SPD. Im rot-grünen Minderheitssenat ist der zweite Mann hinter Klaus Wowereit natürlich der andere Bürgermeister, Justizsenator Wolfgang Wieland von den Grünen. Doch innerparteilich hat Bögers Stimme jetzt mehr Gewicht denn je. Unmerklich hat er Einfluss gewonnen. Wowereit und Parteichef Peter Strieder sind froh, dass sie Böger haben. Dass auch der Exponent der SPD-Rechten den Regierungswechsel mit Hilfe der PDS für richtig hält, hat widerstrebende Genossen mitgezogen und zum ungewöhnlich geschlossenen Bild der Partei beigetragen.

Eberhard Diepgen und Klaus Landowsky hätten ihrem Lieblingssozi Böger als letztem den Bruch der Großen Koalition zugetraut. Sie haben übersehen, dass Wowereit, Böger und Strieder spätestens seit Februar, seit der lange wabernden Krise um die Parteispendenaffäre der CDU und die Bankgesellschaft, an einem Strick gezogen und jedes Wort miteinander abgestimmt haben. "Es ist ein Märchen, dass wir das Ende der Koalition Wochen oder Monate vorbereitet hätten", sagt Böger: "Diepgen hat die Krise unterschätzt. Es waren das Zögern, die Entscheidungsunwilligkeit, die Lähmung, der Stillstand, die das Fass zum Überlaufen brachten."

Was hat sich geändert mit dem neuen Senat, da die SPD doch kaum Abstriche von den Vorhaben mit der CDU macht? "Klaus Wowereit ist ein zupackender Mensch, er führt entschlossen, er nimmt die Dinge sehr ernst. Das ist anders geworden nach dem ewigen Zögern." Böger gefällt es, denn er kann selbst knallhart kämpfen.

Lauter Schlüsselerlebnisse hatte Böger mit dem Krisen-Management der CDU. Die SPD drohte schon im April mit Neuwahlen wegen der Landowsky-Krise, Böger vorneweg. Doch er gibt auch offen wie kein anderer zu, was ihn zuletzt wirklich alarmiert hat, nämlich die Initiative von Grünen, PDS und FDP für Neuwahlen: "Da wären wir die Getriebenen gewesen und nicht mehr die Treiber." "Ich habe das Ende der Koalition mit Bauchschmerzen gemacht", betont er, "und es an die Bedingung von Neuwahlen geknüpft, weil wir ja 1999 gesagt hatten, keine Zusammenarbeit mit der PDS." Aber Diepgen habe gesagt, er denke nicht an Neuwahlen. Damit erklärt Böger die Abwahl Diepgens und die Wahl des rot-grünen Minderheitssenats mit den Stimmen der PDS.

Nach links ist die SPD deswegen nicht gerückt, Böger schon gar nicht: "Ich will, dass wir konzentriert auf die Mitte der Gesellschaft zugehen, die Mitte gewinnen." Das SPD-Wahlprogramm zielt auf die Mitte. Aber Böger weiß auch, "dass wir, obwohl keine CDU-Stimmung durchschlägt, noch viele überzeugen müssen". Ihm wäre nach der Wahl eine rot-grün-gelbe Ampelkoalition mit der FDP entschieden lieber als eine rot-rot-grüne mit der PDS. So denken viele in der SPD, und manche wollen in Zukunft die PDS allenfalls als Tolerierungspartner akzeptieren. Deshalb wurde lange an der Wahlaussage geknobelt, dass man nicht mehr ausschließt, die PDS "in die politische Verantwortung einzubeziehen". Nur wird sich die PDS nach der Wahl mit Tolerierung nicht zufrieden geben, und so wissen alle, dass dann die PDS-Debatte in der SPD kommen wird.

Auf seine Weise erleichtert Böger im Hintergrund Strieder das Partei- und Wowereit das Regierungsgeschäft. Er mahnt streng zum disziplinierten Kurs der Vernunft und Mitte in den Wahlkampfstürmen. Er führt immerfort innerparteiliche Gespräche zum heiklen Thema PDS. Er erläutert überall, warum es mit der CDU nicht mehr ging. Manchmal bricht es aus ihm heraus, wenn er an die Krisen und Wahlverluste in zehn Jahren Großer Koalition denkt, an die Kämpfe mit der CDU (und SPD) seit 1996 wegen der ungeliebten Haushaltskonsolidierung, der Privatisierungen von Bewag und Wasserbetrieben: "Landowsky redete in Personalversammlungen so, dass er Riesenbeifall bekam, ich wurde ausgepfiffen." So etwas vergisst einer wie Böger nicht.

Die Partei ärgert ihn nicht mehr, sie honoriert seine Haltung. Die Bildungspolitik hat Priorität; am Schuletat wird nicht gespart: "Ich bin sicher, das bleibt auch 2002 so." Ja, falls die Wähler einen SPD-geführten Senat gestatten, bleibt Böger garantiert Schulsenator. Wowereit und Strieder brauchen ihn, den personifizierten rechten Flügel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false