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Die Caritas-Kleiderkammer in Wedding wird jedes Jahr von 5000 Menschen aufgesucht.

© dapd

Nur wenige Herrenjeans: Kleiderkammer der Caritas: 5000 Besucher jährlich

Nur mit Termin und einmal pro Jahr darf eine Familie die Kleiderkammer der Caritas in Wedding besuchen und sich mit Kleidung versorgen. Schlanke Frauen haben die besten Chancen, etwas Schickes zu finden. Herrenjeans sind dagegen Mangelware.

In der Berliner Kleiderkammer des Wohlfahrtsverbandes Caritas können Hilfsbedürftige nicht einfach so in den Kleidungsbeständen stöbern: Man braucht zunächst einen Termin. Dann hat man eine halbe Stunde Zeit, sich ungestört umzusehen. Am Donnerstagmorgen ist eine Frau mit ihrem Sohn da. Die Mutter trägt wohlbedacht einen riesigen Haufen Kleidungsstücke zusammen. Zuhause müssen auch noch Ehemann und vier weitere Kinder versorgt werden. Der Jugendliche packt „Spiel des Lebens“ in eine Plastiktüte.
Der Rentner Wolfgang Jankowski, der hier seit fast 16 Jahren ehrenamtlich arbeitet, protokolliert an seinem Tresen genau, was mitgenommen wird. In der Kleiderkammer sind Bekleidungsstücke aller Art, nach Damen- und Herrenartikeln sowie Größen sortiert, in Reih und Glied an Stangen aufgehängt: Männerhosen auf der einen Seite, Frauenblusen auf der anderen. Unterwäsche und Kindersachen liegen in großen Wäschekörben aus, etwa ein Korb voller kleiner Kindersocken.
Auch eine Vielzahl von Schuhen, aus Spenden von größtenteils Schuhgeschäften, stehen auf Regalen in einer abgetrennten Schuhkammer. Bettwäsche, Handtücher und Babywäsche gibt es, falls vorhanden, nur auf Anfrage. Auch eine große Auswahl an Büchern sowie Spiele wurden zur Weitergabe gespendet. Es gibt zwar grobe Regeln, wie viel an Kleidungsstücken sich der Einzelne aussuchen darf. „Wir sind aber nicht so pingelig“, sagt Jankowski. Die meisten könnten ruhig mitnehmen, was sie haben wollten. Es richte sich auch immer danach, was man so da habe.
Schlanke Frauen hätten größere Chancen, was Schickes zu finden.
Auf einer gelben Berechtigungskarte wird jedes Mal vermerkt, wann die Familie da war. Denn jeder darf nur einmal im Vierteljahr in die Kleiderkammer kommen. „Im nächsten Jahr sind die Karten grün“, verrät Jankowski. Ein Nachweis vom Jobcenter oder der Rentenausweis berechtigt zur Kleiderhilfe. „Die Liebsten sind mir die Obdachlosen, die nehmen nur, was sie wirklich brauchen“, behauptet der 72-Jährige.
„Um zu spenden, kommen schon täglich Menschen“, sagt Jankowski. Kleidungsstücke können auch von einem Wagen abgeholt werden. „Was nicht mehr gut ist, wird aussortiert“, erzählt der ehrenamtliche Helfer. Etwa nach Haushaltsauflösungen bekämen sie oft unbrauchbare Dinge: Einmal sei sogar ein Gebiss dabei gewesen, verrät Jankowski.
„Manche Leute denken, die Caritas ist ein Entsorgungsverein.“ Seine Kollegin Irena Urban beklagt den Mangel an Herrenbekleidung. „Wir haben kaum Männerjacken, aber ganz viele Frauenmäntel“, sagt sie und zeigt auf die Stangen. Die wenigen Herrensachen seien altmodisch, dabei sind die meisten hilfsbedürftigen Männer jung und wollen Jeans tragen. Die Bekleidungsunternehmen spendeten aber nicht mehr so viel wie früher, meint Urban.
Der Leiter der Kleiderkammer in Berlin-Wedding, Peter Wagner, will daher mehr junge Menschen auf die Arbeit der Kammer aufmerksam machen. Dafür hat er eine Facebook-Seite „Caritas Berlin“ erstellt, auf der er regelmäßig Fotos hochlädt. Die Seite hat bisher 336 Fans. Von montags bis freitags von 9 bis 13 Uhr öffnet die Kleiderkammer. Jeder Wochentag wird von einem anderen ehrenamtlichen Mitarbeiterteam aus drei bis vier Personen betreut. Über die Feiertage ist die Kleiderkammer vom 22. Dezember 2010 bis 7. Januar 2011 geschlossen. Bis zum 23. Januar sind schon alle Termine ausgebucht. (dapd)

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