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Berlin: Kleine Finanzspritzen

Die Krankenkassen stellen viel Geld für Impfungen bereit – doch nicht alle Bezirke greifen darauf zurück

Die Idee kam offenbar nicht bei allen Bezirken gut an: Seit 2005 stellen Berliner Krankenkassen jährlich 400 000 Euro bereit, um den Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten Impfungen zu ermöglichen und so der wachsenden Immunisierungsmüdigkeit zu begegnen. Doch trotz knapper Kassen forderten die Ämter gerade mal knapp 50 000 Euro ab, um damit Impfstoffe zu bezahlen – und das in den Bezirken auch noch sehr unterschiedlich. Während Mitte fast 22 000 Euro ausgab, begnügte sich Marzahn-Hellersdorf mit 48 Euro. Reinickendorf gar verzichtete komplett auf das Geld. Das geht aus der jetzt veröffentlichten Antwort auf die parlamentarische Anfrage der PDS-Abgeordneten Margrit Barth hervor.

Dabei gäbe es beim Impfstatus der Berliner Kinder noch einiges zu verbessern. Laut dem aktuellen Gesundheitsbericht der Senatsgesundheitsverwaltung ist jeder fünfte Schulanfänger nicht vollständig geimpft. Das heißt, er erhielt nicht alle von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Immunisierungen (siehe Kasten unten rechts). Bei den einzelnen Erkrankungen – wie Röteln, Mumps und Keuchhusten – stehe Berlin mit bis zu 95 Prozent Impfrate sehr gut da, sagt Ulrich Fegeler vom Berliner Kinderärzteverband. Die Zahlen des für Infektionskrankheiten zuständigen Robert-Koch-Institutes allerdings bestätigen dies nicht für alle Immunisierungen. So hat Berlin etwa bei der Diphtherie- und der Tetanus-Impfung die zweit- beziehungsweise drittschlechteste Durchimpfungsrate aller Bundesländer. Auch bei der Erstimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln liegt Berlin unter dem Durchschnitt. Bei Keuchhusten, Kinderlähmung und Hepatitis-B-Immunisierungen landet die Stadt im Mittelfeld.

In Mitte verweist man stolz auf die Anstrengungen zur Verbesserung des Impfschutzes. „Wir bieten bei der Einschulungsuntersuchung automatisch jedem Kind mit unvollständiger Impfung an, diese vom Gesundheitsamt nachholen zu lassen“, sagt Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD).

Marzahn-Hellersdorf, das nur 48 Euro abforderte, weist die Kritik daran von sich. Eigentlich habe man viel mehr ausgegeben, nur eben nicht im Rahmen der Impfvereinbarung mit den Kassen, schreibt Bezirksstadträtin Dagmar Pohle (Linkspartei/PDS) in einem Antwortbrief an die Senatsverwaltung: „Vom Bezirk wurden 2005 Impfungen in Höhe von 1238,98 Euro aus dem eigenen Budget für die Kinder, die nicht von der Vereinbarung betroffen waren, finanziert.“

Der Gesundheitsstadtrat von Reinickendorf, Andreas Höhne (SPD), begründet den völligen Verzicht seines Bezirks auf die Kassengelder mit der hohen Dichte an Kinderärzten. Dass aber überhaupt kein Geld angefordert wurde, findet auch Höhne, der seit November im Amt ist, überraschend. Das wolle er ändern. Auch wenn die 100-Prozent-Durchimpfungsrate kaum erreichbar sei.

Das bestätigt auch Kinderarzt Fegeler: Es gebe immer einen Anteil von Eltern, die Impfungen ablehnten, zum Beispiel weil sie glauben, dass durchgemachte Kinderkrankheiten den Nachwuchs physisch und psychisch stärke. „Diese Eltern wird man auch mit der Impfkampagne nicht vom Gegenteil überzeugen.“

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