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Berlin: Kleine Holzaktion

Jemand hat die Fichte am Roten Rathaus angesägt – jetzt brach die Spitze im Sturm ab. Wer war das? Die am Fuße des Baumes campierenden Studenten sagen: „Wir nicht!“

Da kommt Festtagsfreude auf: Unbekannte Säge-Aktivisten haben die Fichte vor dem Roten Rathaus gekappt. Die obersten zehn Meter von Berlins größtem Weihnachtsbaum liegen seit dem stürmischen Sonnabend in zwei Teile zerbrochen auf dem Pflaster, von Touristen und Passanten mitleidig beäugt. Ein Sturmschaden? Keinesfalls. „Eindeutig angesägt“, ist die Meinung von Beobachtern. „Eindeutig angesägt“, sagen auch die Polizisten im Mannschaftswagen vor dem Rathaus.

Wer der Täter war, ist allerdings unklar. „Wir waren es nicht“, sagt Studentin Janina, eine der Aktivisten, die zu Füßen des Baumes ihre Streik-Mahnwache halten. Der Verdacht allerdings läge nahe. Denn den Rest-Stamm der Tiroler Fichte schmückt seit Sonntag ein Transparent mit der Aufschrift „Gekürzt“ – Hinweis auf die Sparpolitik, gegen die die Studierenden seit Tagen protestieren.

Auch die Polizei verdächtigte als Erstes die Studenten. Ein Anrufer hatte den Beamten am Samstagmorgen gegen 4.15 Uhr den gekappten Baum gemeldet. Ein Trupp Fahnder besuchte daraufhin frühmorgens die studentische Mahnwache. Ein Polizist leuchtete gegen 5.30 Uhr mit einer Taschenlampe ins Zelt und stellte die Frage: „Habt ihr eine Säge?“ Der verfrorene Trupp Studenten hatte keine Säge und auch keine Ahnung.

In der Sturmnacht, sagen die Studenten, hätten sie nicht einmal gehört, wie die Krone entzweibrach. Sie haben ein gutes Argument: „Wir wären doch bescheuert, den Baum anzusägen. Die Spitze hätte uns ja auf den Kopf fallen können.“ Das „Gekürzt“-Transparent hätten andere Studenten nachträglich im Baum befestigt. „Wir jedenfalls nicht.“

Jetzt hat die Polizei eine Anzeige gegen Unbekannt geschrieben – wegen Sachbeschädigung. Ein Ermittlungsergebnis gibt es bisher nicht. Ein Polizist vermutete: „Vielleicht ist da schon in Tirol dran gesägt worden?“ Alles möglich, denn die Fichte aus dem Dörfchen Natters bei Innsbruck wurde dort von ursprünglich 34 Metern auf 25 Meter gestutzt, damit sie überhaupt auf den Laster passte.

Was geschieht nun mit der Krücke vor dem Roten Rathaus? Ersatz ist noch nicht in Sicht. „Der Baum war ein Geschenk“, stellte Senatssprecher Günter Kolodziej am Sonntag lapidar fest. Und um überhaupt was zu sagen, sagt er das: „Wenn ich Tiroler Bürgermeister wäre, würde ich mit großer Geste einen neuen Baum liefern. Aber ich bin nur kleiner Senatsangestellter.“

Noch 16 Tage bis Heiligabend.

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