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Berlin: Kleiner Familienbetrieb

Junge Alleinerziehende kommen zwischen Kind und Beruf schnell an die Grenzen der Belastbarkeit In Prenzlauer Berg hilft eine Einrichtung für betreutes Wohnen – und kann selbst Unterstützung brauchen.

Berlin - Bei der Jubiläums-Spendenaktion „Menschen helfen!“ 2012/13 unterstützt der Tagesspiegel 53 Vereine, Projekte und Initiativen – einige stellen wir in unserer Serie stellvertretend vor. Heute: Ein innovatives Projekt für Alleinerziehende, das dringend Geld braucht.

David Ueberle und sein Sohn Jannik sind beim Spielen mit dem kleinen Spielzeugzoo ganz in ihrem Element. Ueberle verleiht einem Nashorn seine Stimme, Jannik lässt lautstark ein Zebra angaloppieren. Was ganz selbstverständlich wirkt, war nicht immer einfach. „Anfangs habe ich Jannik überfordert, nach dem Motto: Jetzt komm und spiel mit mir“, sagt Ueberle. Der alleinerziehende Vater musste das Papa-Sein erst lernen.

David Ueberle, 25, und der zweijährige Jannik sind zu Besuch in der Einrichtung zum betreuten Wohnen „(Nicht) Allein mit Kind“ in Prenzlauer Berg. Hier haben sie das erste Jahr nach Janniks Geburt verbracht. In der Einrichtung des Kulturvereins Prenzlauer Berg im „Haus der Parität“ in der Kollwitzstraße gibt es acht Plätze für alleinerziehende Mütter und Väter. In zwei Doppel- und vier Einzelwohnungen unterstützen insgesamt fünf Betreuer die Eltern dabei, eine stabile Beziehung zu ihrem Nachwuchs aufzubauen. Für eine Aufnahme kommen alleinerziehende Eltern mit Kindern unter sechs Jahren infrage. Zurzeit ist die jüngste Bewohnerin 16 Jahre alt, die älteste 37.

David Ueberle hatte nur drei Monate Zeit, sein Leben komplett umzukrempeln. Im siebten Schwangerschaftsmonat erfuhr er, dass seine Ex-Freundin ein Kind erwartet. Sie wollte es zur Adoption freigeben. Obwohl er Schulden hatte und noch im ersten Lehrjahr seiner Bäckerausbildung stand, empfand Ueberle seine Vaterschaft als zweite Chance. Im Einverständnis mit der Mutter beschloss er, für Jannik zu sorgen. Durch eine Seelsorgeeinrichtung kam er zu „(Nicht) Allein mit Kind“. Drei Tage nach der Geburt zogen sie ein. Ueberle beschreibt diese Zeit mit einem Wort: Chaos. „Man hat dieses kleine Kind und denkt: Egal, was man macht, man macht ihn kaputt.“ Ohne Hilfe, meint er, wäre er „vollkommen untergegangen“.

Auch Jennifer Kranzusch, 21, ist ungeplant Mutter geworden. Bei einer Beratungsstelle bekam sie den Kontakt zum betreuten Wohnen und lebt dort seit einem Jahr in einer Einzelwohnung. Sie ist „überglücklich“ mit ihrer Emmely, die inzwischen fast ein Jahr alt ist. Jennifer weiß: „Wenn ich Hilfe brauche, bekomme ich Hilfe.“ Egal ob es Ärger mit Emmelys Vater ist oder sie mal Zeit für sich braucht – ihre Betreuerin ist da.

Neben den Wohnungen der Eltern gibt es eine Treffpunktwohnung mit Büroräumen, das „Herzstück“ der Einrichtung, wie Betreuerin Theresa Zitzmann sagt. Hier steht ein großer Esstisch, an dem hin und wieder gemeinsam gegessen wird und die wöchentlichen „Hausgespräche“ stattfinden, bei denen die Bewohner sich ein Thema aussuchen können, das sie bewegt. Hier steht auch der Spielzeugzoo im Regal, außerdem Spiele, Bauklötze und Kinderbücher. Das Jugendamt zahlt für die Bewohner Miete, Betreuungskosten und Unterhalt.

Die Miete für die Treffpunktwohnung kommt vom Kulturverein Prenzlauer Berg. Hinzu kommt eine gewisse Planungsunsicherheit, da das Jugendamt die Elternwohnungen nur bezahlt, wenn sie bewohnt sind. In Übergangszeiten muss der Kulturverein selbst dafür aufkommen. Deshalb hoffen die Mitarbeiter auf die Hilfe der Tagesspiegel-Leser. Sechs Monatsmieten sollen durch die Spendenaktion für die Treffpunktwohnung finanziert werden.

David Ueberle wohnt jetzt mit seinem Sohn in einer eigenen Wohnung in Wedding. Er hat begonnen, sein Abitur nachzuholen. Jannik ist in der Kita – zur Nachbetreuung steht Theresa Zitzmann noch bereit.

Auch Jennifer Kranzusch wird ab Januar wieder zur Schule gehen und ihr Abitur machen. Für Emmely hat gerade die Kita-Eingewöhnung angefangen. Kranzusch hat schon ein „mulmiges Gefühl“, was die Rückkehr in die Schule betrifft. Sie sorgt sich, dass ihre Tochter zu kurz kommen könnte. Doch bis Kranzusch einen Ausbildungsplatz hat, bleibt sie in der Kollwitzstraße. Sie weiß, dass sie nicht allein sein wird.

Unser Konto: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00), Konto 250 030 942. Bitte notieren Sie Namen und Anschrift für den Spendenbeleg. Onlinebanking ist möglich.

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