zum Hauptinhalt

Berlin: Kleinflugzeug vor dem Reichstag zerschellt

Der Pilot starb bei dem Absturz. Innensenator Ehrhart Körting schließt einen Anschlag aus

Vor dem Reichstag ist am Freitagabend ein Kleinflugzeug abgestürzt. Die rote Maschine schlug auf dem Platz der Republik auf und brannte komplett aus. Der Pilot kam ums Leben. „Nichts, überhaupt nichts deutet auf einen Anschlag hin“, sagte Innensenator Ehrhart Körting, der selbst zur Absturzstelle geeilt war. Auch wenn die Hintergründe noch ungeklärt seien, gehe die Polizei von einem Unglücksfall aus, sagte Körting. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Pilot selbst töten wollte. Die Identität des Toten konnte die Polizei zwar bereits gestern feststellen, Wohnort, Name und Alter des Opfers sollten aber „aus ermittlungstaktischen Gründen“ noch nicht publik werden.

Es war 20.29 Uhr, als ein Augenzeuge die Feuerwehr von seinem Handy aus zum Reichstag rief. „Alarm: Flugzeugabsturz Land“, wurde vom Lagezentrum Sekunden später ausgegeben, und es rückten 30 Fahrzeuge und 100 Feuerwehrmänner aus. Als sie auf der Wiese vor dem Reichstag eintrafen, brannte das Wrack noch. Der Pilot war aus der Maschine herausgeschleudert worden und lag etwa 15 Meter neben den Trümmern. Erfolglos versuchten Notärzte, den Verunglückten zu reanimieren. Feuerwehrmänner schirmten die Unglückstelle mit Decken vor neugierigen Blicken ab.

Bei dem abgestürzten Fluggerät handelt es sich nach ersten Vermutungen um ein Leichtflugzeug vom Typ „Roter Kiebitz“. Mehrere Zeugen sprachen von einem „Doppeldecker“-Flugzeug, was von der Polizei aber nicht bestätigt wurde. Von der Maschine blieb nach dem Absturz nicht viel mehr als ein verkohltes Gestell übrig. Nach ersten Ermittlungen ist der Pilot auf dem Flugplatz Strausberg gestartet, hat sich aber für den Überflug der Innenstadt nicht wie vorgeschrieben beim Tower in Tempelhof angemeldet. Rundflüge über der City werden hier von der Flugsicherung koordiniert. Ein generelles Überflugverbot für das Regierungsviertel gibt es nicht. Zuweilen ist das Überfliegen der Bannmeile „anlassbezogen“ und zeitlich begrenzt untersagt – beispielsweise, wenn eine Demonstration stattfindet oder ein hochrangiger Staatsgast Berlin besucht.

Nach den Attentaten in London rechneten viele Touristen am Reichstag erst einmal mit dem Schlimmsten. „Für mich sah das aus wie ein Anschlag“, sagte Linda Oetzmann aus Düsseldorf. Sie schaute gerade mit ihrer 18-jährigen Freundin zur Reichstags-Inschrift hinauf, als sie dicht über der Kuppel die rote Maschine entdeckten. Alles schien normal, bis sich plötzlich die Spitze des Fliegers nach unten richtete und dem Boden entgegenraste. Es gab eine kurze Explosion, dann ging das kleine Flugzeug in Flammen auf. Etwa 30 Menschen hätten sich beim Absturz weit verstreut auf der Wiese aufgehalten, Panik sei aber nicht entstanden. Vielmehr seien Zeugen des Vorfalls sofort zum Wrack geeilt, um dem Piloten zu helfen.

Michaela Gaspers (39) angelte gerade mit ihren zwei Söhnen an der Moltkebrücke, als sie das Flugzeug über dem Paul-Löbe-Haus entdeckte. Nichts habe auf technische Probleme hingedeutet, sagt die Zeugin. „Der Flieger kam ohne Motorstottern im Sturzflug direkt runter“, sagte Michaela Gaspers. Die Polizei sperrte nach dem Absturz fast die gesamte Wiese vor dem Parlament mit Flatterbändern ab – auch, weil sich bereits nach wenigen Minuten hunderte Schaulustige am Platz versammelt hatten. Nach Einbruch der Dunkelheit erhellte eine Flutlichtanlage die Rasenfläche.

Das bisher folgenschwerste Unglück mit einem Sportflugzeug in Berlin ereignete sich am 24. Mail 2001 in Neukölln. Der Pilot und seine Frau kamen dabei ums Leben. Beim Landeanflug auf den Flughafen Tempelhof war plötzlich das Triebwerk des einmotorigen Sportflugzeugs ausgefallen. Die Maschine prallte gegen ein Haus, stürzte in einen Hinterhof an der Karl-Marx-Straße und ging in Flammen auf. Wie durch ein Wunder gab es keine weiteren Toten oder Verletzten. Der Flughafen Tempelhof wurde sofort gesperrt, in Neukölln Katastrophenalarm ausgelöst. Die Feuerwehr war mit 100 Mann und 30 Fahrzeugen am Einsatz, da zunächst Unklarheit über die Größe des Flugzeuges geherrscht hatte.

Nach dem Absturz gab es zahlreiche Spekulationen über die Ursachen. So war von gesundheitlichen Problem des Piloten die Rede. Außerdem wurde in Betracht gezogen, dass die Maschine wegen Treibstoffmangels abgestürzt sein könnte. Die Untersuchung des Unglücks ergab jedoch, dass der Pilot gesund war. Treibstoffmangel wurde ebenso ausgeschlossen, wie Fehler an der Mechanik. Dagegen entdeckten die Ermittler Überhitzungsspuren am Motor. Ob die Ursache dafür eine falsche Einstellung des Benzingemischs oder eine fehlerhafte Kraftstoffanlage war, konnte wegen des stark zerstörten Motors nicht mehr festgestellt werden.

Der Absturz hatte damals eine Diskussion über die Sicherheit der innerstädtischen Flughäfen ausgelöst. Die Folge: Seither müssen einmotorige Sportflugzeuge bei ihrem Anflug auf Tempelhof eine andere Route nehmen. Sie führt die Maschinen in größerer Höhe über das bebaute Gebiet hinweg. Fällt der Motor aus, soll der Pilot größere Chancen haben, seine Maschine im Gleitflug bis zum Airport zu steuern.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false