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Über die Köpfe hinweg. Die Flugrouten sind nicht ein für allemal festgelegt. Sie können sich am BER auch später noch ändern. Foto: dpa

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Berlin: Kleinmachnow kommt zu spät

Bundesverwaltungsgericht: Gemeinde hätte schon während des Planfeststellungsverfahrens klagen können.

Weitreichend ist die Entscheidung. Eindeutig auch. Denn am Standort Schönefeld für den neuen Hauptstadtflughafen gibt es nun keine juristischen Zweifel mehr. Was die Richter um den Vorsitzenden Rubel an diesem Dienstagvormittag zu verkünden haben, nehmen die Kläger beinahe stoisch auf. Keine Reaktion ist zu vernehmen, als Rubel die Klagen der Gemeinde Kleinmachnow, einer Wohnungsbaugesellschaft sowie 21 weiterer Flughafen-Anwohner aus Zeuthen und Mahlow allesamt abschmettert. Nur bei der Urteilsverkündung entfährt einem der Kläger ein höhnisches Lachen, als der Richter darauf verweist, dass die Kläger durchaus fristgerecht, nämlich innerhalb eines Jahres nach Beschluss des Planfeststellungsverfahrens, hätten klagen können. Denn selbst wenn in der Grobplanung des Planfeststellungsbeschlusses noch von geraden Flugrouten die Rede war, hätten die Bewohner klagen können, da ja Flugrouten nicht ein für alle Mal festgelegt würden, sondern sich verändern können. Und durch die Nähe der Gemeinden zum Flughafen habe es im Bereich des Möglichen gelegen, dass man betroffen sein könnte. Schließlich habe es sich ja nur um eine Grobplanung gehandelt, und die Festlegung der tatsächlichen Flugrouten, auch das sei klar gewesen, würde erst später erfolgen. „Abknickende Flugrouten waren nicht nur eine theoretische Möglichkeit und allein aus der Nähe zum Flughafen ergab sich schon eine Betroffenheit“, sagte der Richter in seiner Urteilsverkündung.

Sonst aber ließen die Kläger die ruhig vorgetragene Urteilsverkündung über sich ergehen. Dabei hoben die Bundesverwaltungsrichter zwar auch mahnend den Finger in Richtung Genehmigungsbehörde, wonach das Planfeststellungsverfahren in puncto Öffentlichkeitsinformation mangelhaft gewesen sei. Auch wäre es gut gewesen, den vorläufigen Charakter der Grobplanung besser kenntlich zu machen, aber mehr Entgegenkommen zeigte der Richter den Klägern nicht. Für eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses reichten diese Mängel allerdings nicht. Auch von einer arglistigen Täuschung will der vierte Senat des Leipziger Gerichts nichts wissen. Die Kläger hatten sich von den Behörden getäuscht gefühlt, weil im Planfeststellungsverfahren andere Flugrouten vorgesehen waren, als schließlich bei der Genehmigung festgelegt wurden.

Mit dem Urteil haben die BER-Verantwortlichen eine entscheidende juristische Hürde umschifft. Denn die Kläger können nun zwar noch Beschwerde gegen das Urteil beim Bundesverfassungsgericht einlegen, was sie auch tun werden, aber eine Eröffnung des Flughafens können sie damit nicht mehr verhindern. Der 17. März 2013 als Eröffnungstermin ist damit aber lange noch nicht gesichert. Im Gegenteil: Es bleibt eine Hängepartie.

Der neue Chefplaner Horst Amann, der am heutigen Mittwoch offiziell seinen Dienst als technischer Geschäftsführer der Betreibergesellschaft antritt, mag derzeit nicht garantieren, dass er bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung am 16. August den Daumen heben oder senken kann. In Kreisen des Flughafens wird sogar vermutet, dass Amann erst zur übernächsten Sitzung am 14. September wird einschätzen können, ob der März-Termin zu halten ist. Bereits bei einem Rundgang mit Mitgliedern der CDU-Fraktion aus dem Potsdamer Landtag am 9. Juli hatte Amann den 17. März als „extrem ambitioniert“ bezeichnet. Derzeit ist Amann, dessen Familie wegen der Schulpflicht seiner Kinder offenbar nicht aus Hessen nach Berlin gezogen ist, noch als Einzelkämpfer auf der BER-Baustelle unterwegs. Allerdings wird erwartet, dass er sich in den nächsten Wochen drei bis vier Vertraute als Verstärkung hinzuzieht.

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