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In Berlin muss mit steigenden Mieten gerechnet werden, weil immer weniger Wohnungen leer stehen.

© dpa

Klimaschutzgesetz: Mieterverein: Fast jeder Dritte müsste umziehen

Teure Mietrechtsreform: Viele Berliner könnten die zusätzlichen Kosten aus Merkels Reformvorhaben für den Klimaschutz nicht bezahlen. Auch der geringe Leerstand treibt in der Innenstadt die Mieten in die Höhe.

Die Berliner könnte die von der Bundesregierung geplante Mietrechtsreform teuer zu stehen kommen: Der Chef des Berliner Mietervereins Reiner Wild rechnet mit einem „starken Anstieg der Zahl energetischer Sanierungen“. Die derzeit diskutierte Reform erhöhe den Sanierungsdruck zusätzlich, der schon durch das vom Berliner Senat geplante „Klimaschutzgesetz“ hoch sei.

„Ein Unding“ nennt Wild die in der Mietrechtsnovelle geplante Finanzierung des Umweltschutzes durch die Mieter etwa in dem bisher bekannt gewordenen Beispiel einer Fotovoltaikanlage. Diese rechne sich allein schon durch den Strom, den sie erzeuge und müsse nicht „ein zweites Mal“ durch Mieter bezahlt werden. Wild zufolge können viele Haushalte Mieterhöhungen für den Klimaschutz ohnehin nicht bezahlen. Nach einem Eckpunkte-Papier der Bundesregierung sollen Mieter stark beteiligt werden an den Kosten der geplanten klimafreundlichen Sanierung des Altbaubestandes.

Schon heute werden die Mieten in Berlin nach einer Sanierung durchschnittlich um knapp 1,40 Euro pro Quadratmeter und Monat steigen, sagt Wild. Rechne man die Heizkostenersparnis davon ab, blieben rund 90 Cent dieser Kosten beim Mieter hängen. „Empfänger von ALG 2 und Mieter mit geringen Einkünften müssen deshalb nach einer Sanierung oft ausziehen.“ In Berlin betreffe dies Schätzungen zufolge 30 Prozent der Haushalte. Der Mieterverein fordert deshalb einen Klimabonus für Arbeitslose und die Gründung eines „Energieeffizienzfonds“, der in Notlagen die Miete subventioniert.

Der Sprecher von Haus & Grund Dieter Blümmel sagt: „Bisher wurden sinnvolle Energiesparmaßnahmen nicht durchgeführt, weil die Kosten nicht umgelegt werden konnten.“ Das gelte für den Einbau von Thermostatventilen oder den hydraulischen Heizungsabgleich zur Optimierung der Temperatur in Heizkörpern. Die sei ausgeblieben, „weil der Vermieter das bezahlen muss, aber nur der Mieter davon profitiert“, so Blümmel. Dabei handle es sich um vergleichsweise kleine Eingriffe, die große Einsparungen bewirkten.

Wie hoch der Druck auf die Mieten schon heute ist, zeigt der neuste Bericht der Investitionsbank Berlin. Demnach sind besonders im Zentrum der Stadt kleine Wohnungen Mangelware. In der Hälfte aller Haushalte lebt nur noch eine Person. Und großzügige Wohnungen können sich die meisten nicht leisten – ein Sechstel aller Berliner Haushalte bekommt die Miete vom Jobcenter und bei einem durchschnittlichen Haushaltseinkommen von 1500 Euro brutto verfügen auch die anderen nicht über genug Geld für teure Wohnungen. Weil aber andererseits die Zahl der Haushalte zunimmt, steigen die Mieten dennoch stetig.

Wegen der starken Nachfrage berichten die Experten der Investitionsbank von einer Welle von Luxussanierungen und Spekulationen mit Wohnhäusern im Zentrum. Wie kräftig Hauseigentümer mit Faible für die maximal mögliche Mieten schon heute zulangen können, zeigt ein Beispiel im Stadtteil Kreuzberg, der für Stadtsoziologen wie Hartmut Häussermann längst ein Brennpunkt für die „Gentrifizierung“ ist. Weil es für Besserverdienende „schick“ ist, dort zu leben, müssen Einwohner mit geringen Einkünften das Quartier oft verlassen, wenn es durchsaniert wird. Dies gilt etwa für fünf Häuser in der Baerwaldstraße, dem Carl-Herz-Ufer und der Wilmsstraße. Dort soll die Kaltmiete von 50 Wohnungen nach Wärmedämmung und Modernisierung um bis zu 82 Prozent steigen.

In der Innenstadt gibt es nach dem neuesten IBB-Bericht so gut wie keine leer stehenden Wohnungen mehr. Die Experten sehen eine „Fortsetzung der Marktanspannung“ nicht nur bei Mietwohnungen, sondern auch bei Eigenheimen und Eigentumswohnungen. Dabei „ist das untere Preissegment bei Mietwohnungen besonders betroffen“. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, deren Mitglieder 40 Prozent aller Mietwohnungen vertreten, meldet einen Wohnungsleerstand von gut drei Prozent. Das sind zwei Prozent weniger als Experten für typisch bei einem ausgeglichenen Markt erklären. „Das Mietrecht muss so modifiziert werden, dass andere Mieterhöhungen begrenzt werden und so die energetische Sanierung Priorität wird“, sagt deshalb Andreas Otto von den Grünen.

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