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Berlin: "Klinik-GmbH": Widerspruch ist nicht vorgesehen

"Einen Aufstand gibt es nicht", sagt die Personalratsvorsitzende am Urban-Krankenhaus, Karla Wenglein. Aber knapp zwei Wochen bevor die "NET-GE Kliniken für Berlin GmbH" ihre Arbeit aufnimmt, seien die Mitarbeiter "doch ziemlich aufgebracht".

"Einen Aufstand gibt es nicht", sagt die Personalratsvorsitzende am Urban-Krankenhaus, Karla Wenglein. Aber knapp zwei Wochen bevor die "NET-GE Kliniken für Berlin GmbH" ihre Arbeit aufnimmt, seien die Mitarbeiter "doch ziemlich aufgebracht". Zur Zeit beschäftigt die rund 17 000 Angestellten der neun städtischen Krankenhäuser vor allem die Frage, ob sie dem Übergang vom öffentlichen Dienst in die private Organisationsform zustimmen sollen. Die Möglichkeit zu widersprechen ist im Personalüberleitungsvertrag vorgesehen. Allerdings hatte die Gesundheitsverwaltung im November, kurz nach der Gründung der Klinik-GmbH, mit Kündigungen gedroht. Wenn es keine städtischen Krankenhäuser mehr gebe, hätte das Land Berlin auch keine Verwendung mehr für Ärzte und Krankenschwestern.

Tatsächlich machen bislang nur sehr wenige Klinikmitarbeiter von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch. "Nicht einmal eine Handvoll", sagte gestern Senatorin Gabriele Schöttler. Genaue Zahlen wollte sie nicht nennen. Für die Aktion des Neuköllner Personalrats, 70 Prozent der eigenen Belegschaft und je 50 Prozent der Mitarbeiter der anderen Kliniken zum Widerspruch zu bewegen, um die Krankenhaus-GmbH zu Fall zu bringen, sieht es also schlecht aus.

Etwas mehr als eine Handvoll GmbH-Verweigerer sind es aber doch: Im Urban-Krankenhaus haben bislang zwei Mitarbeiter dem Übergang widersprochen, im Krankenhaus Reinickendorf sind es sechs. Im Krankenhaus Neukölln, wo der Widerstand gegen die Klinik-GmbH am stärksten ist, sollen es weitaus mehr werden, sagt der Vorsitzende des Personalrats, Volker Gernhardt. Bislang wollten 50 Kollegen auf jeden Fall widersprechen: Kurz vor der Rente, wollten sie vor allem ihre Versorgungsansprüche sichern.

Mit den "zahlreichen weiteren Widersprüchen", die in Neukölln noch auf Eis liegen, will Gernhardt am 21. Dezember bei einem Gespräch mit Sentatorin Schöttler "politisch Druck ausüben". Es solle noch einmal um "offene Fragen" gehen; unter anderem um die ungesicherten Ansprüche aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und um den unbefristeten Kündigungsschutz. Mit den Neuköllner Aktivisten hat sich jetzt die Personalversammlung des Krankenhauses Reinickendorf solidarisiert. Auch dort werden weitere Widersprüche gesammelt, bestätigt der Personalrat. Allerdings rechne niemand mit der von Neukölln angestrebten Zahl von berlinweit 10 000 Verweigerungs-Erklärungen.

Felicitas Klahn hat schon widersprochen. Am 28. November schickte sie ihre Erklärung ab. Vor vier Tagen bekam die 48-jährige Krankenschwester aus dem Krankenhaus Reinickendorf einen blauen Brief von der Personalabteilung: "Ihre Arbeit ... wird ab dem 01. 01. 2001 nicht mehr angenommen." Sie kann also in ihrem bisherigen Krankenhaus nicht mehr beschäftigt werden. Wie es für Frau Klahn und die anderen Verweigerer beruflich weitergeht, ist nicht klar. Die Personalabteilung des Krankenhauses Reinickendorf scheibt: "Den zukünftigen Ort Ihres Arbeitseinsatzes können wir ihnen bedauerlicherweise noch nicht mitteilen." Felicitas Klahn sagt, sie sei "geschockt". Sie habe sich doch gerade geweigert, in die "NET-GE Kliniken für Berlin GmbH" überzuwechseln, weil sie Angst um ihren sicheren Job als Angestellte im öffentlichen Dienst hatte. Sie misstraute den Versicherungen der Gesundheitssenatorin und der Gewerkschaft ÖTV, dass der Übergang vom städtischen Krankenhaus in die private Organisationsform "eins zu eins" vonstatten gehe.

Auf Widersprüche, sollten sie auch nur in geringer Zahl eingehen, scheint die Verwaltung schlecht vorbereitet zu sein. Wenn Mitarbeiter über 40 Jahre alt sind und über 15 Jahre im öffentlichen Dienst beschäftigt waren, seien sie nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag unkündbar, bestätigt Sprecher Florian. Betriebsbedingte Kündigungen seien dann ausgeschlossen. Also fielen solche Mitarbeiter "zunächst ans Land Berlin zurück". Weil es aber keine städtischen Krankenhäuser mehr gebe und somit keinen Bedarf für ärztliches und Pflegepersonal, müsse wohl gekündigt werden.

Personalrat Gernhardt widerspricht: Kündigungen im öffentlichen Dienst könnten nur "aus verhaltensbedingten Gründen" ausgesprochen werden. Der Widerspruch sei im Überleitungsvertrag ausdrücklich vorgesehen und somit kein Fehlverhalten der Mitarbeiter. Außerdem gebe es ja mit dem bislang nicht privatisierten Klinikum Buch zumindest ein städtisches Krankenhaus.

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