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Berlin: Kneipenpleite mit Folgen

Auch am Motzener See tobt ein Uferkrieg

Motzen – An dem als Wiege der deutschen FKK-Kultur in Deutschland gerühmten Motzener See südlich Berlins will sich seit mehreren Monaten keine Toleranz, kein Miteinander und schon gar keine idyllische Ruhe einstellen. Anders als um 1920, als Großstädter in Scharen nach Motzen und Kallinchen am anderen Seeufer für ein „Freizeitleben ohne Nikotin und Alkohol, aber mit geistiger Lebensgestaltung“ strömten, gibt es heute wenig Verständnis zwischen Einheimischen und Zugezogenen. Schon ist in der Boulevardpresse von einem „Seekrieg“ die Rede, der schlimmer als der Konflikt am Groß Glienicker See in Potsdam sei. Autoreifen würden zerstochen, sogar ein Hund sei mit Rattengift getötet worden.

Begonnen hatte die Geschichte vor mehreren Jahren mit der Schließung der Ausflugsgaststätte „Siebenmark“, die auch bei vielen Berliner Sommerfrischlern beliebt war: Die Lage an der Karl-Marx-Straße mit Seeblick ist einfach toll. Doch das Saisongeschäft reichte zum Überleben nicht aus. Das große Grundstück wurde aufgeteilt und an private Bauherren verkauft. Drei Familien aus Berlin und zwei Bauherren aus Süddeutschland errichteten sich Villen. Der schöne Uferstreifen blieb offiziell in der Verwaltung des Landesumweltamtes.

Doch den Neu-Motzener genügte der Blick auf den See nicht. Sie zogen zunächst ihre Zäune bis ins Wasser, versperrten mit Hecken und Sträuchern den Weg auf die nahe Liegewiese. Private Stege wurden gebaut. Doch so leicht ließen sich die Motzener ihre beliebte Stelle am See nicht nehmen. Sie gründeten eine Bürgerinitiative „Freies Ufer“, setzten beim Landesumweltamt die Beseitigung der Zäune durch und kämpften gegen die Stege.

Das vergiftete immer mehr die Atmosphäre. Gleich drei Mitglieder der Bürgerinitiative fanden nach eigenem Bekunden zerstochene Reifen an ihren Autos vor. Beschimpfungen und Beleidigungen führten zum „Bürgerkrieg“, wie ein Mitglied der Initiative in der örtlichen Presse befand. Selbst der Pfarrer konnte die Streitparteien nicht versöhnen. Die Villenbesitzer weisen jegliche Schuld an den kaputten Reifen oder am getöteten Hund von sich. Es handele sich um keine offizielle Badestelle, heißt es von den Zugezogenen. Daher wollten sie das Baden vor ihren Grundstücken auf jeden Fall verhindern. Ein Schild „Privatgrundstück – Betreten verboten!“ soll alle Gäste vertreiben. Es gibt zwar eine offizielle Badestelle, aber die liegt rund zwei Kilometer entfernt.

Die einstigen „Lichtkämpfer“, wie sich die Nudisten nannten, hatten mit den Einheimischen ihren Frieden geschlossen. Allerdings blieben sie nur einige Wochen im Jahr. Claus-Dieter Steyer

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