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Berlin: Knospen stehen vor dem Knall

"Blütenzauber im Winter 2002" ließ gestern an den Kasseneingängen des Botanischen Gartens lange Schlangen bis hinaus auf die Straße stehen. Dabei lockte nicht nur der letzte Tag der gleichnamigen Ausstellung von über 5000 Frühjahrsblühern im Neuen Glashaus die Besucher in hellen Scharen, sondern vor allem die Sonne scheinbar ganz Berlin ins Freie.

"Blütenzauber im Winter 2002" ließ gestern an den Kasseneingängen des Botanischen Gartens lange Schlangen bis hinaus auf die Straße stehen. Dabei lockte nicht nur der letzte Tag der gleichnamigen Ausstellung von über 5000 Frühjahrsblühern im Neuen Glashaus die Besucher in hellen Scharen, sondern vor allem die Sonne scheinbar ganz Berlin ins Freie. Bei glasklarem und strahlend blauem Himmel und acht bis neun Grad Wärme wollte gestern jeder die Gunst dieses milden Tages nutzen.

Deutlich zu mild nannte Tanja Lamprecht von Meteomedia den gestrigen Sonntag, gerade mal 3,8 Grad Wärme hätten ihm normalerweise zugestanden. Ob normal oder nicht normal - das war gestern den Spaziergängern aber schnurzpiepe, wie der Berliner sagt. Bei den Freiluftpilgern im Botanischen Garten waren vor allem die Bänke mit Blick in die Sonne die Hauptattraktion. Wer Glück hatte, schaute dabei dann nicht nur in die Sonne, sondern auf die sprossenden Farbtupfer in der umgebenden Natur.

Gelbe Forsythienbüsche konnte man hier und dort leuchten sehen. An einer Stelle zeigte ein prächtiger "Down Schneeball"-Busch seine rosaweiße Blütenpracht schon fast verwelkt. An anderen Sträuchern meinte man dagegen fast den bevorstehenden Knospenknall zu hören, so saftig prall drängten sich die grünen Dinger in die Sonne. Auch am sattschwarzen Boden regte es sich überall Grün - die Taglilien waren hier mit vielen Blattspitzen sichtlich bisher am fleißigsten ums Wachsen bemüht, aber auch die "Astern dumonus" daneben zeigten sich mit ihrem zahlreich aus der Erde brechenden Grün nicht faul.

Nicht nur auf den angelegten Beeten, auch auf den weiten Wiesen des dreiundvierzig Hektar großen Gartenareals blühte es vereinzelt schon gelb und weiß. "Mein Gott, Gänseblümchen", bejubelte eine Besucherin die bescheidenen Blümchen - wie eine sensationelle Entdeckung. Auch lila-, gelb- und roséfarbene Krokusse gab es schon hier und da zu bestaunen, dazu gelbe Winterlinge, weiße Schneeglöckchen und Märzenbecher.

Einige Besucher guckten besonders genau hin und auf die Rabatten - sie verglichen kritisch den aktuellen grünen Stand des öffentlichen Gartens mit ihrem privaten Schreberglück daheim. Nur zwei alte Damen, die behaglich gestern Nachmittag auf einer der weißen Bänke behaglich in der Sonne saßen, ließ das Grün um sie herum scheinbar kalt - sie erklärten sich eifrig gegenseitig ein Handy. Andere bedauerten die vorwitzige Frühlingspracht: "Wenn das wieder Frost gibt." "Es geht nichts kaputt", sagte Hans Ketelhut, gestern diensthabender Gärtnermeister im Areal, "wenns wieder kalt wird, ist das nicht so dramatisch, wie man denkt". Eher programmgemäß zeige sich die Natur, richte sich diese doch nach der Tageslänge und nicht nach den Temperaturschwankungen des Wetters.

Davon werden wir ab Wochenanfang wieder etwas zu spüren bekommen. Zwar soll es am heutigen Montag mit etwa 7 Grad Wärme jahreszeitlich immer noch zu mild sein, aber statt Sonne werden sich Wolken am Himmel zeigen und abends könnte es daraus auch schon mal tröpfeln. Ab Dienstag bis Freitag wird es dann nicht nur tröpfeln, sondern mit Schnee, Regen und Graupel im ständigen Wechsel bei 3 bis 5 Grad recht ungemütlich. "Jahreszeitlich normal", hieß es gestern bei Meteomedia.

Heidemarie Mazuhn

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