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Berlin: Knut verkauft sich immer noch gut

Mit der heutigen Filmpremiere geht das Geschäft mit dem Tier weiter. Der Zoo könnte noch mehr verdienen – wenn er denn wollte

„Klar gucke ich mir den Film im Kino an, ich sehe das immer wieder gern.“ Knut-Ziehvater Thomas Dörflein nimmt zur Premiere des Kinderfilms „Knut und seine Freunde“ am heutigen Sonntag seinen erwachsenen Sohn mit, und den Kleinen seiner Freundin. „Sie kommt aber nicht.“ Der Lebensgefährtin des 44-jährigen Zoo-Pflegers geht der Rummel doch ziemlich auf die Nerven. Dass ihn nach dem Kino-Auftakt nun wohl noch mehr Menschen selbst im Ausland um Autogramme bitten, schreckt Dörflein wenig. „Schlimmer, als es jetzt ist, kann es nicht mehr kommen.“ Bei der Premiere um 11 Uhr im Zoo-Palast sind geladene Gäste anwesend, Zoo-Mitarbeiter, und es gibt auch eine Karten-Verlosung vorm Kino.

15 Monate nach der Geburt des unter den Augen der Weltöffentlichkeit groß gewordenen Eisbären haben viele längst noch nicht genug von Knut. „Wann immer bei einem Gespräch des Regierenden Bürgermeisters mit einem Staatsoberhaupt, wie jetzt bei Fürst Albert, die Sprache auf den Bären kommt, zaubert man ein Lächeln auf das Gesicht des Gegenübers“, sagt Senatssprecher Günter Kolodziej. „Obwohl Knut schon so groß ist, scheint die Erinnerung an den kleinen Knuddelbären zu dominieren.“ Klaus Wowereit nimmt zu Dienstreisen den KPM-Knut als Gastgeschenk mit. Bei der Königlichen Porzellan-Manufaktur gehört die Bären-Linie zu den bestverkauften Produkten. Ob Artgenossin Flocke in Nürnberg oder Nachwuchs Wilbär in Stuttgart, den seine Mutter annahm - die Zoos profitieren vom Aufmerksamkeitsbonus durchs Klimaschutz-Symboltier.

Um die Erderwärmung geht es auch im neuen Film. „Ein netter Familienfilm“, wie Dörflein findet. Er kennt ihn schon. Doch hauptsächlich zeigt der Knut-Streifen, der am 6. März ins Kino kommt, das Leben einer Eisbärenmutter mit ihren Jungen in der Arktis, das zweier ohne Muttertier aufwachsenden Braunbären – und natürlich die Kinderstube im Büro von Thomas Dörflein. Man sieht, wie er das Katzenfutter-Vitamine-Lebertran-Futter püriert, Knut immer wieder vom Napfrand wegzieht, weil er sich dort unwissend festsaugt, oder wie er das wasserscheue Knäuel erstmals vorsichtig in eine Wanne setzt („Man, Knut, nicht trinken!“). Der Babybär beißt aber auch und faucht und springt die Kamera an. Derzeit spielt der 150-Kilo-Eisbär meist auf seinem neuen Sandhaufen mit sich selbst.

Während der Zoo dank Linzenzvergaben und Besucherzuwachs seit Knut rund fünf Millionen Euro mehr einnahm, scheint man die Magie des Tieres nicht mehr ausschöpfend zu nutzen. Die Menschen am Gehege schwärmen immer noch: „Er ist so eine Herzenserwärmung!“ Hingegen wirkt der Internet-Auftritt des Zoos lieblos. Auf dessen Aufschlagseite steht der Bericht zum 1. Geburtstag des Raubtieres - der war am 5. Dezember 2007. Fraglich scheint derzeit, was aus dem zweiten Filmprojekt wird – Zoo-Manager und Notare hatten das ganze Jahr 2007 über mit einem Filmproduzenten aus Hollywood verhandelt. Der Vertrag über den Animationsfilm nach Art von „Findet Nemo“ wurde bis in die letzte Knut-Charaktereigenschaft ausgehandelt, Millionen Dollar wurden dem Zoo in Aussicht gestellt, der Vertrag liegt seit Monaten unterschriftsreif beim Zoo. Von dort ist bekannt, dass Vorstand Bernhard Blaszkiewitz den Rummel um das Tier ablehnt. Bei der Senatsfinanzverwaltung, die Zoo und Tierpark 2008 mit acht Millionen Euro unterstützt, heißt es dazu: „Es gilt die Maßgabe, sich möglichst wirtschaftlich zu verhalten.“ Zwingen könne man aber den Zoo zu nichts. Dem droht eine Klage vom Zoo Neumünster, ihm gehört Knut-Vater Lars.

Derweil machen andere weiter gute Geschäfte mit Knut. Steiff verkaufte mehr als 100 000 Knut-Kuscheltiere, es gibt statt sieben nur noch drei Modelle, „aber die sind immer noch gefragt wie verrückt“, sagt Sprecherin Katrin Wachsmuth. Beim Karneval waren Knut-Kostüme angesagt. Haribo teilte auf Anfrage mit, die „Knuddel Knut’sch“-Bären seien das erfolgreichste Trendprodukt aller Zeiten gewesen, 400 000 Dosen wurden verkauft, 40 000 Euro an den Zoo überwiesen. Bei Möbel Höffner gibt es noch das „Knut- Volksschlafsofa“, die Saturn-Märkte haben die Knut-Songs von Kitty und Frank Zander in den Regalen. Im Internet werden Knut-Filmchen auf Youtube fleißig angeklickt. Im Zoo erhielt gerade ein Fotograf Hausverbot, weil er aggressiv Besucher wegschubste, um an die besten Bilder zu kommen. Knut läuft und läuft und läuft. Annette Kögel

Annette Kögel

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