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Berlin: Knutschen und kiffen auf dem Parkdeck

Jugendtreff Forum Neukölln – das Milieu der Kneipen-Räuber

Forum Neukölln, vormittags um elf Uhr. Sechs Mädchen, alle um die 15 Jahre, lehnen am Geländer in der dritten Etage. Ihre Blicke wandern unentwegt die Rolltreppe entlang. Sie halten Ausschau. „Nach Jungs“, sagen sie. Schule? Nein, heute sei Projektwoche. „Aber selbst wenn nicht“, sagt Ceyda: „Jugendliche sind jeden Tag hier, auch morgens.“

Das „Forum“ ist so etwas wie die zentrale Anlaufstelle für die Jugend aus dem Bezirk. Allerdings fast nur türkisch- und arabischstämmige Jugendliche treffen sich hier, sagen die Hauptschülerinnen. Hier, unweit des Rathauses, sollen sich auch die jugendlichen Kneipenräuber herumgetrieben haben, die, wie berichtet, am Sonntag von der Polizei geschnappt worden sind. 22 Eckkneipen hatten sie seit Oktober überfallen und damit rund 12 000 Euro erbeutet.

Die Mädchen haben davon zwar nichts gehört, aber es verwundert sie nicht. „Bei uns bauen viele Jungs Scheiße.“ Ihre Klassenkameraden seien häufig in Schlägereien verwickelt. So wie vergangenen Freitag. Da seien rechtsgesinnte Jugendliche auf Mitschüler losgegangen, „und die haben sich geprügelt“, berichtet Kadir. Am selben Tag gab es eine Messerstecherei an einer Hauptschule in der Karlsgartenstraße. „Um ein Mädchen“ sei es dabei gegangen. Dass die Mitschüler Messer oder Totschläger bei sich trügen, „ist doch ganz normal“.

An Waffen kommt man leicht heran, erzählen sie. An Drogen auch. Man muss nur wissen, wo. „Ich habe nur ab und zu gekifft“, sagt eine aus der Gruppe. „Aber wenn ich wollte, brauchte ich nur zum Zeitungskiosk zu gehen, da gibt’s auch Gras.“ Und unten, im Eiscafé, lungerten genügend Kumpels herum, die einem etwas besorgen könnten.

Cem, ein Freund, kommt die Rolltreppe herunter. Gemeinsam fahren die Mädchen mit ihm im Fahrstuhl nach oben, auf das Parkdeck in den 5. Stock. Hier, sagen sie, hingen sie die meiste Zeit herum. „Wir rauchen hier, quatschen und knutschen“, sagt Ceyda. Nach Hause würde er seine Freundin nie mitnehmen, beteuert Cem. „Ich schäme mich vor meinen Eltern. Nur meine zukünftige Frau werde ich ihnen zeigen.“ Also bleibt bloß das „Forum“ als Treffpunkt. „Sonst gibt’s hier nicht so viel, und die Freizeitheime sind nicht interessant“, meint er.

Das sieht ein Mitarbeiter des Internet-Cafés „Hell Net“ im 3. Stock ähnlich. Wenn die Jugendlichen nicht durch die Etagen im Einkaufscenter streiften, dann kämen sie zu ihm. Sechs bis acht Stunden verbrächten manche hier mit Baller- oder Strategiespielen. Einige kämen nur, um Handys zu klauen. „Einer Kollegin drohten sie mal, einen Stuhl über den Kopf ziehen. Da rief ich die Polizei.“ Danach hätten die Jungs Muffensausen bekommen.

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