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Koalitionsverhandlungen: SPD und CDU haben noch keinen Plan für die S-Bahn

Umstritten ist, wer das Netz künftig betreiben soll.

Berlin/Potsdam - Die S-Bahn berappelt sich langsam und will von heute an auf der S 5 zwischen Strausberg Nord und Westkreuz fast alle Züge wieder mit den maximal möglichen acht Wagen fahren lassen. Am 7. November soll dann die S 3 (Erkner–Spandau) hinzukommen. Wie die langfristige Zukunft für das Unternehmen aussehen wird, ist dagegen weiter ungewiss. SPD und CDU haben sich in ihren Koalitionsverhandlungen noch nicht darüber geeinigt. Die S-Bahn sei ein „komplexes Problem“, sagte Thomas Heilmann von den Christdemokraten.

Die CDU hat bisher gefordert, mit der S-Bahn zunächst einen Sanierungsvertrag abzuschließen und dann den Betrieb eines Teilnetzes auszuschreiben. Die SPD bevorzugt eine erneute Direktvergabe an die Bahn AG. Sie will das Netz nicht auf mehrere Betreiber verteilen. Weiter unklar ist damit, wer die neuen Fahrzeuge beschafft, die ab 2017 eingesetzt werden sollen. Den Kauf kann der künftige Betreiber, eine andere Gesellschaft oder auch das Land übernehmen. In der Arbeitsgruppe Stadtentwicklung der Parteien werde es dazu wahrscheinlich keinen Vorschlag geben, sagte Christian Gaebler von der SPD. Der Beschluss zur Zukunft der S-Bahn werde wohl erst in der großen Koalitionsrunde am 8. November gefasst. Schwierig wird dies auch, weil es vor allem in der SPD selbst keine klare Linie gibt.

Ursprünglich wollte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) die Weichen „spätestens“ bis Januar 2011 gestellt haben und dabei wählen, ob der Betrieb ausgeschrieben oder direkt an die BVG vergeben wird. Eine Direktvergabe an die Bahn, wie es jetzt Teile der Partei favorisieren, stand nicht auf Junge-Reyers Programm. Jetzt könnten die Koalitionsverhandlungen den Entscheidungsprozess forcieren. Die Zeit drängt, denn eine Ausschreibung würde rund ein Jahr dauern, und für die Beschaffung neuer Züge sind gar fünf Jahre veranschlagt. Der Verkehrsvertrag mit der Bahn AG für den Betrieb der S-Bahn läuft Mitte Dezember 2017 aus.

Nachdem im Februar allerdings der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass Direktvergaben nicht mehr möglich sind, sieht Wolfgang Meyer, der Präsident des Verbandes „mofair“, zu dem sich die mit der Bahn AG konkurrierenden Wettbewerber zusammengeschlossen haben, nur eine Lösung: Zunächst müsse der Kauf neuer Züge ausgeschrieben werden und anschließend der Betrieb, sagte Meyer dem Tagesspiegel. Der künftige Betreiber könne die Züge dann übernehmen. Dabei müsse das Netz in mehrere Lose aufgeteilt werden, forderte Meyer. Er warnte davor, eine Ausschreibung so zu formulieren, dass nur die Bahn sie gewinnen könne. Eine Direktvergabe sei rechtlich jedenfalls nicht mehr möglich. Allerdings gibt es Bestrebungen einiger Bundesländer, hier das Gesetz zu ändern.

Jedes weitere Zögern verbessert nach Meyers Ansicht die Position der Bahn, die bereits dabei ist, Vorgaben für ein neues Fahrzeug zu entwickeln. Dieses soll unter anderem eine Klimaanlage, eine Videoüberwachung und mehr Platz für Fahrräder und Rollstuhlfahrer erhalten.

Brandenburg, in dem zehn Prozent des S-Bahnverkehrs stattfinden, wartet die Berliner Entscheidung ab. Bisher habe man bei Ausschreibungen für Regionalbahnen sehr gute Erfahrungen gemacht, sagte der Sprecher des Infrastrukturministeriums, Lothar Wiegand. Die Kosten hätten stets gesenkt werden können.

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