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Berlin: Kochen mit Familienanschluss

Offene Architektur und edle Optik machen Küchen zum zweiten Wohnzimmer

Die Zeiten, in denen die Hausfrau zum Kochen hinter sich die Tür schloss, sind vorbei. Viele Architekten planen die Wohnküche als Mittelpunkt des Hauses. Sie ist der Ort, an dem man zusammenkommt und Neuigkeiten austauscht. Oft schließt sich der Essbereich gleich an. „Die Küche entwickelt sich immer mehr zur Seele der Wohnung“, beschreibt Frank Hüther, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche (AMK) aus Mannheim diese Entwicklung.

Optisch zeigt sich die Verschmelzung von Kochen und Wohnen besonders an den hochwertigen Fronten. Auf der Messe Eurocucina in Mailand fühlte man sich an den Ständen vieler Hersteller mehr wie in schönen Wohnzimmern als in Kochlaboratorien. Die Firma Alno hat zum Beispiel aus Nussbaum-, Oliven- und Palisanderholzmustern hinter Glas den Frontentyp „Woodglas“ entwickelt – wohnlich und doch pflegeleicht. Sehr modern wirkt das Küchensystem „Carré“ des italienischen Herstellers Ernestomeda, das Designer Marc Sadler auf der Eurocucina vorstellte. Es fällt besonders durch seine farbigen quadratischen Aussparungen in der Lackoberfläche auf. Sie haben nicht nur einen ästhetischen, sondern auch einen praktischen Nutzen: als Griffe für Schubladen und Schranktüren.

Die schönen Fronten ersetzen quasi die Küchentür von früher. Hinter ihnen verbirgt sich oft ein wahres Labyrinth – allerdings ein höchst nützliches und bis ins kleinste Detail durchdachtes. Es gibt Fächer in den verschiedensten Größen für Besteck, Küchenwerkzeuge, Gewürzgläser, Topfdeckel, Flaschen oder Abroller für Frischhaltefolie und Küchenpapier. Dieses Innenleben ist im besten Fall so organisiert, dass alle Helfer schnell zur Hand sind, aber nicht sichtbar herumstehen. So wirkt der Raum immer aufgeräumt und ordentlich.

Zum Teil verschwinden sogar ganze Küchen inklusive Regal, Schrank, Herd und Waschbecken, wie bei dem Modell „Tivali“ von Dante Bonuccelli für die italienische Firma Dada. Es eignet sich für kleine Appartements oder Büros und verfügt über sanft gleitende Holzschiebetüren, die platzsparend im Küchenblock verschwinden.

Die Firma Bulthaup hat sich bei dem Modell „bulthaup b2“ auf die essenziellen Funktionen der Küche besonnen – und sich offenbar von einer Werkstatt inspirieren lassen: Es gibt eine „Küchenwerkbank“ mit Arbeitsbereich, eine „Feuer- und Wasserstelle“ sowie zwei ergänzende „Werkschränke“ aus Holz; eine interessante Alternative zur Einbauküche.

Damit keine Griffe die klare Optik der Küchen stören, genügt oft ein zarter Druck auf die Front, um Schublade oder Schranktür aufspringen zu lassen. Das Schließen funktioniert ohne lautes Getöse: Dank eingebautem Dämpfer verschwindet die Lade geschmeidig im Küchenkorpus.

Auch viele technische Geräte verstecken sich hinter Klapp-, Falt- und Schiebetüren. Dabei müsste man sich ihres Anblicks eigentlich gar nicht schämen. Denn immer mehr Hersteller von Hausgeräten achten darauf, dass Kühlschrank, Waschmaschine und Co. nicht nur funktional sind, sondern auch optisch was hermachen. Das zeigen dieser Tage auch die neuen Produkte in den „Home Appliances“-Hallen der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin.

Der slowenische Hersteller Gorenje hat sich von der „Weißen Ware“ fast vollständig verabschiedet. Er kooperiert mit dem exzentrischen New Yorker Designer Karim Rashid, dessen Vorliebe für die Farbe Rosa nicht nur in seinen Anzügen und Brillen zum Ausdruck kommt. Auch das von ihm gestaltete Induktions-Kochfeld, der Backofen und die Dunstabzugshaube für Gorenje sind mit einem rosa leuchtenden LED-Streifen versehen. Die Oberflächen aus Edelstahl sind ansonsten sehr reduziert und fügen sich fast unsichtbar in den Raum ein.

Neben dem Design steht auf der Ifa das Thema Umweltschutz auf der Agenda vieler Firmen. Im Vergleich mit einem 15 Jahre alten Gerät verbrauchen die neuen Geschirrspüler nur die Hälfe des Wassers und 35 Prozent weniger Strom. Mit einer neuen Kühl-Gefrier-Kombination könne der Verbraucher etwa 65 Prozent Energie einsparen, das bedeute pro Jahr etwa 70 Euro, so die Hochrechnung von Experten.

Auch die Funktionen von Kühlschränken werden immer ausgefeilter. So hat LG in einem Gerät eine „Fresh Zone“ vorgesehen, in der Fisch und Fleisch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bis zu dreimal länger gelagert werden können. Separate Fächer zum Frischhalten von Obst und Gemüse mit Luftfeuchtigkeitsregulierung, Eiswürfelspender, eine „No Frost“-Funktion, die Abtauen überflüssig macht, oder Luftfilter gehören ebenfalls bei vielen Geräten dazu. Wer seine Lieblingssendung beim Kochen nicht verpassen will, kann sie auf einem in die Kühlschranktür integrierten LCD-Bildschirm verfolgen.

Apropos Kochen: Hier klingen die Ankündigungen der Hersteller fast so, als ob in Zukunft intelligente Herde allein dafür sorgen, dass der Braten saftig und die Pizza kross werden. Verantwortlich dafür ist bei einem neuen Modell von AEG zum Beispiel ein Sensor, der Gewicht und Art der Speise ermittelt und das entsprechende Garprogramm auswählt. Nur essen muss man dann noch alleine.

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