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Der Herr der Stauden. Rosmarin und Thymian? Kennt ja jeder! Aber was ist mit Silbersauerampfer, Orangenminze oder Möchspfeffer? Danijel Kresovic, Küchenchef des Restaurant 44 im Swissôtel, hat sich auf der Terrasse in riesigen, schönen schwarzen Kübeln einen exotischen Kräutergarten angelegt. Und Workshop-Teilnehmer lernen, wie die frischen Aromen raffiniert eingesetzt werden.

© Kai-Uwe Heinrich

Kochserie: Die Guten ins Töpfchen

"Wildkräutersuppe, Taschenkrebs, Fingerlimes, Nigella-Brioche, Rote Shiso" – Danijel Kresovic gibt dem Gast per Speisekarte nur Koordinaten an die Hand. Den Rest erledigen die Überraschungseffekte seiner experimentierfreudigen Küche.

Falls es stimmen sollte, dass Kräuter mit Aussicht besonders gut gedeihen, hat Danijel Kresovic ganz sicher die besten in Berlin. Auf der kleinen, sturmzerzausten Terrasse des Swissôtel hoch über der Joachimstaler Straße wächst eine bunte Mischung von Grünzeug – die kulinarische Lücke, die Kresovic erkannte, als er vor zwei Jahren zu einer Mission impossible antrat: Nachfolger von Tim Raue zu werden, der das „Restaurant 44“ im Geschwindmarsch zu einer führenden deutschen Gourmet-Institution gemacht hatte.

Leicht war das Unternehmen nicht. Kresovic wollte nichts nachahmen, mochte sein Heil aber auch nicht in der klassisch-modernen Luxusküche suchen, die er beispielsweise in seiner Zeit auf der Bühlerhöhe kennengelernt hatte. Und auch die betonte Avantgarde der kulinarischen Dekonstruktion nach spanischer Art war nicht sein Thema, auch wenn er einige Elemente davon einsetzt. Er wollte vielmehr jenen eigenwilligen Stil fortsetzen, den er als Küchenchef im bescheidenen „Daimlers“ am Kurfürstendamm entwickelt hatte, und den Gaumen der Gäste immer ein wenig überraschen, notfalls auch provozieren. Mit ihm im Beet sitzt Ali Moshiri, der aus dem Iran stammende Kräuterexperte, dem allmählich der Beiname „Berliner Kräuterpapst“ zuzuwachsen scheint. In Ewigkeit Petersilie!

Dass Kräuter und Gewürze für eine originelle, überraschende Küche besonders wichtig sind, liegt auf der Hand. Überdies beschreibt Kresovic die Gerichte auf der Speisekarte nicht mehr, sondern gibt dem Gast nur noch die wichtigsten Koordinaten in die Hand: „Avocado, Shiitakepilze, Aubergine, gebackene Sojamilch, Berberitzensaft, Bronzefenchel“. Und wenn die Küche dann voll im Kräuterbeet landet, ist ein kleines Lexikon zum Verständnis des Gebotenen nie falsch: „Wildkräutersuppe, Taschenkrebs, Fingerlimes, Nigella-Brioche, Rote Shiso“. Das Menüprinzip ist aufgehoben, jeder kann so viele verschiedene Gänge bestellen, wie er mag, kreuz und quer durcheinander.

Es braucht in diesem Restaurant also aufgeschlossene Esser, die sich auf Neues mit Spaß einlassen, auch einmal ein Experiment ohne Zorn verwerfen, und Kresovic hat diese Esser zweifellos gefunden – aber auf eine geduldige, eigensinnige Art, die sich grundsätzlich vom atemlosen Hype der Tim-Raue-Ära unterscheidet. Alle halbe Jahre eine Revolution mit Blitz und Donner, das war nicht sein Weg

Kresovic hat die Grundzüge des Kochens in seiner Heimat Kroatien gelernt. Nach Wanderjahren durch Deutschland arbeitete er längere Zeit in der „Aubergine“ in Kapstadt, musterte 2001 im Berliner „Harlekin“ an, wechselte später ins Schloss Hubertushöhe und dann zu Marco Müller in die Berliner Weinbar Rutz. Müllers bunter, assoziativer Stil hat ihn offenbar auch am stärksten beeinflusst.

Der bietet viel Stoff für einen Kochworkshop; für alle, die nicht teilnehmen können, hat Kresovic jetzt zusammen mit der Autorin Rose Marie Donhauser auch ein üppig bebildertes Kochbuch vorgelegt: „Gewürze“ heißt es, widmet sich aber natürlich auch den Kräutern. Sehr viel Warenkunde, sehr viel Anwendungshinweise, dazu die weitgehend original belassenen Rezepte – ein nützliches Kompendium, das dabei hilft, die 44-Küche besser zu verstehen (Umschau Verlag). Alles Weitere besprechen Sie bitte mit dem Küchenchef direkt – wenn das Losglück Ihnen einen Platz in seiner Küche beschert.

Restaurant 44 im Swissôtel, Augsburger Straße 44, Wilmersdorf. Tel. 220 10 23 04. Mittagessen: 12 bis 14.30 Uhr, Abendessen: 18 bis 22.30 Uhr. Sonntag Ruhetag. www.restaurant44.de

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