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Berlin: Köhler knallhart

Der Bundespräsident hält heute in Neukölln an der Kepler-Hauptschule seine „Berliner Rede“

Es hätte irgendein Hotelsaal sein können, im „Adlon“ vielleicht. Oder ein anderer repräsentativer Platz in der schicken Mitte Berlins. Wäre da nicht die Sache mit der Rütli-Hauptschule gewesen, die vor sechs Monaten die Stadt erschütterte. Und deshalb hält Bundespräsident Horst Köhler seine erste „Berliner Rede“ zur Bildungspolitik heute eben nicht im „Adlon“, sondern in einer Neuköllner Hauptschule.

Nein, nicht in der Rütli-Schule. Das wäre wohl ein bisschen plakativ gewesen. Außerdem hat sie nicht so passende Räumlichkeiten wie die Kepler-Hauptschule, die ein paar Kilometer südlich liegt: Ihre Aula wurde kürzlich für rund zwei Millionen Euro saniert. Jetzt strahlt sie hell und schön im Bauhausstil, ausgestattet mit allen technischen Schikanen und bereit, 400 Zuhörer aufzunehmen.

Zu denen, die heute im Auditorium sitzen werden, gehören nicht nur der Regierende Bürgermeister, die Bundesbildungsministerin und Wirtschaftsvertreter, sondern auch Peter Buksch. Er hatte in Detlef Bucks Neuköllner „Knallhart“- Film das gespielt, was er im wirklichen Leben ist – einen Lehrer. Buksch ist gespannt zu hören, „inwieweit der Bundespräsident sich auf unsere Situation bezieht“.

Zu dieser „Situation“ gehört für Buksch, dass es die Hauptschulen mit Familien zu tun haben, die sich nicht kümmern, die nicht wissen, wie wichtig Bildung für ihre Kinder ist. Zur Situation gehört auch, dass – so wie gerade erst gestern wieder – die Polizei geholt wird, weil man damit rechnet, dass mal wieder ein paar Störenfriede auftauchen. Dass man Schüler zugeteilt bekommt, die bei der Polizei als Serientäter geführt werden. Dass Lehrer als „faul“ diffamiert werden, obwohl sie sich stark engagieren.

Auch die Schüler sind gespannt auf Köhler. Die 15-jährige Jenni Adelberger zum Beispiel. Sie gehört zu den rund 20 Kepler-Schülern, die bei der Rede dabei sein dürfen, weil sie sich als Konfliktschlichter oder im Schulsanitätsdienst engagieren. Ja, sie fühle sich „geehrt“, weil sie ausgewählt wurde, sagt die Neuntklässlerin. Aber auch aus anderen Neuköllner Schulen kommen Schüler. Es sollen welche darunter sein, die sich extra für die Rede Jacketts ausgeliehen haben, um vor dem Bundespräsidenten bestehen zu können.

Mit einem Jackett ist es natürlich nicht für jeden getan. Schulleiter Wolfgang Lüdtke ist seit August mit den Vorbereitungen beschäftigt und kann kaum noch schlafen. Aber das Engagement hat sich offenbar gelohnt, denn die Schule scheint gut gerüstet für den Gästeansturm. So haben die drei Schülerfirmen ganze Arbeit geleistet: Die Handwerkerfirma „Fix und Fertig“ hat in der Vorhalle noch eine Wand geweißt, die Foto- und Videofirma „Fotobox“ brachte sich in Stellung, um den Auftritt Köhlers gebührend festzuhalten und die Cateringfirma „Keps“ ist seit Tagen dabei, das „Fingerfood“ für Köhler und seine Zuhörer vorzubereiten. Die Hühnerspieße sind schon eingelegt, die Reisbällchen längst gerollt und auch die „Blätterteigherzen mit Olivenpaste“ warten auf hungrige Gäste.

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