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Berlin: Königliche Noten

1850 Gäste aus ganz Deutschland erlebten die Queen als Gastgeberin in der Philharmonie

Königin Elizabeth II. blickt sehr aufmerksam, sehr zuhörend. Dann hebt sie den Kopf und stellt mit ernster Miene eine Frage. Ein General in roter Uniformjacke hat ihr den Weg gebahnt im Foyer der Philharmonie, respektvoll wichen die Herren im Smoking und die Damen in ihren kostbaren langen Abendroben zurück, als ihre Gastgeberin im tiefroyalblauen bestickten Kleid mit weiß glitzerndem Schmuck ihre Begrüßungsrunde drehte. Gerade hat man ihr einen Rollstuhlfahrer vorgestellt, und die überzeugend anteilnehmende Miene in diesem von so vielen Bildern verwirrend vertrauten Gesicht ist vielleicht auch ein Schlüssel dafür, warum die Engländer führend sind, wo es um zivilisiertes gesellschaftliches Leben geht. Sie haben eine Ikone der Geschichte an der Spitze, deren Macht sich seit über 50 Jahren weitgehend darauf beschränkt, Interesse zu zeigen an Menschen, die ihr vorgestellt werden. Das ist unschlagbar. Auch wenn die Briten das selber nicht so sehen können.

Das Benefizkonzert zugunsten der Dresdner Frauenkirche, zu dem die Queen 1850 Gäste in die Philharmonie geladen hatte, war ganz sicher ein schwer einzuholender gesellschaftlicher Höhepunkt dieser Saison. Allein die Einladung war schon so eindrucksvoll: „On the occasion of the State Visit of Her Majesty Queen Elizabeth II and His Royal Highness The Prince Philip, Duke of Edinburgh the Master of the Household is commanded by the Queen to invite...“

Für Verbraucherministerin Renate Künast und Deutschlands erste Feministin Alice Schwarzer gehört bei solchen Anlässen ein kleines Augenzwinkern natürlich dazu, um zu zeigen, dass man die Sache nicht zu ernst nimmt, aber gekommen waren sie auch. Sabine Christiansen, die als Polit-Talkmasterin in einer Männerdomäne dominiert, hüllte sich zu Ehren der Queen sogar in einen Traum aus rosafarbener Seide. Neben weiteren Ministern waren Abgeordnetenhauspräsident Walter Momper dabei, der Präsident des Zentralrats der Juden Paul Spiegel und der Leiter des Alliierten-Museums Helmut Trotnow. Man trank „Königin Victoriaberg“, von dem Weingut, das Queen Victoria und Prinz Albert bei ihrer Deutschlandreise 1845 besuchten. Außerdem gab es Safransuppe und Pralinen von schottischem Lachs und englischem Käse.

Zusammen mit Bundespräsident Horst Köhler und seiner Frau Eva Luise betraten die Queen und Prinz Philip als letzte den Konzertsaal und verließen ihn als erste wieder. Aber sie applaudierten lang anhaltend mit ihren Gästen der großartigen Northern Sinfonia, die unter der Leitung von Thomas Zehetmair nach dem Abspielen der deutschen und britischen Nationalhymnen eine „Fantasia on Greensleeves“ spielte, dann die „Simple Symphony“ von Benjamin Britten, Bachs Violinkonzert a-moll und Beethovens Sinfonie Nr. 8. Theira Medeiros, Malerin und Frau des brasilianischen Botschafters, erzählte, wie die Queen ihren Mann gefragt hat, wie es ihm in Berlin gefällt und wie er „Gut!“ geantwortet habe. Manchmal ist das Thema wichtig. Aber manchmal eben auch, mit wem man spricht.

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