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Monster aus der Tiefe. Dieser Wels wurde vor drei Jahren im Spreewald gefangen – 1,80 Meter lang und 40 Kilogramm schwer.

© picture alliance / dpa

Körperteile in Fisch aus der Elbe gefunden: Die Angst vor Riesen-Welsen in Berliner Badeseen

Ein grausiger Fund nährt eine alte Furcht des Menschen. Doch Experten beruhigen: Niemand muss beim Schwimmen im See Angst haben – auch wenn die Welse größer werden.

Von Sandra Dassler

Sie haben immer geöffnet, sind meist weniger überlaufen und die Wasserqualität wird auch immer besser – viele Menschen ziehen die Badeseen in Berlin und Brandenburg den Freibädern vor. Doch im Gegensatz zu Letzteren weiß man bei den Seen nie ganz genau, was darin noch so alles schwimmt. Immer wieder und naturgemäß meist im Sommer(-loch) machen beängstigende Meldungen die Runde: von zwei Meter langen kräftigen Riesenwelsen beispielsweise, die irgendwo gefangen wurden, einen kleinen Hund verschlungen oder gar einen Schwimmer „gebissen“ haben.

Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Angler in Sachsen-Anhalt in einem etwa 30 Kilogramm schweren und mehr als 1,60 Meter langen Wels eine Menschenhand fanden. Die beiden Männer aus Sachsen-Anhalt hatten das Tier wie berichtet in der Nacht aus der Elbe bei Schützberg im Landkreis Wittenberg gezogen und beim Zerlegen am nächsten Morgen die Hand entdeckt. In einigen Medien war die Rede davon, dass die Hand skelettiert gewesen sei, das stimme aber so nicht, sagt Rüdiger Lessig. Er ist Direktor des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Halle, wo die Hand untersucht wurde. Denn wie immer beim Finden von Leichenteilen ermittelt die Kriminalpolizei. Zum einen soll, wenn möglich, die eventuelle Todesursache festgestellt, zum anderen die Zuordnung zu eventuell vermissten Personen geprüft werden.

Bislang keine Übereinstimmung beim DNA-Abgleich

„Die Hand war nicht skelettiert, sonst hätten die Angler nur einzelne Knochen gefunden“, sagt Rüdiger Lessig. „Es war schon zu erkennen, dass es eine menschliche Hand war, auch wenn der Wels die Weichteile bereits teilweise verdaut hatte.“ Man habe feststellen können, dass die Hand einem Mann gehört haben muss und in jüngerer Vergangenheit – etwa in den vergangenen drei Jahren – ins Wasser beziehungsweise in den Wels geriet. „Es handelt sich also nicht etwa um Leichenteile, die beispielsweise aus dem Krieg stammen“, sagt Lessig, dem ein solcher Fall zuvor noch nie begegnet ist.

Der Abgleich der Hand-DNA mit der von vermissten Menschen oder auch einer ebenfalls in der Elbe gefundenen zerstückelten Leiche habe bislang keine Übereinstimmungen ergeben. Da auch niemand eine Hand als „vermisst“ oder „verloren“ gemeldet habe, müsse man wohl davon ausgehen, dass derjenige, dem sie gehöre, tot sei.

Zur Todesursache könne man allerdings auch nichts sagen, ob der Mann einem Verbrechen zum Opfer fiel, einen Unfall erlitt oder Suizid beging, sei unklar.

Fest stehe nur, dass der Wels dem Mann die Hand nicht abgebissen haben kann, während dieser noch lebte, sagt Uwe Brämick, der Direktor des Instituts für Binnenfischerei in Potsdam: „Der Wels kann zwar sein Maul weit öffnen und Beute, die er damit umschließen kann, auch gut festhalten, aber mehr nicht. Er schnappt sich also durchaus mal eine Ratte oder Ente.

Sehr alte und sehr große Welse

Einem Mann die Hand abzubeißen, dazu sind seine Zähne aber nicht geeignet.“ Außerdem gehörten Menschen überhaupt nicht zum Beuteschema des Welses, sagt Brämick. „Zu einem Zusammentreffen kann es nur in absoluten Ausnahmesituationen kommen – etwa, wenn man zur Laichzeit zu nah an das Gelege eines Welses kommt.“

Möglicherweise wurde das immer mal wieder Schwimmern im Schlachtensee zum Verhängnis, wo das Wasser nicht allzu tief und warm sei. Dorthin kommen die Welse von Mai bis Anfang Juli zum Laichen und schnappen schon mal zu, wenn sie sich dabei gestört fühlen.

Welse, auch Waller genannt, hätten sich in den Seen der Region unglaublich vermehrt, sagt der Hauptgeschäftsführer vom Landesanglerverband Brandenburg, Andreas Koppetzki: „Zu DDR-Zeiten gab es sehr wenige, aber die Gewässer sind wärmer geworden, der Laich kann sich viel öfter als früher zu Larven entwickeln, wir haben inzwischen sehr viele, sehr alte und sehr große Welse.“

Wenn Angler auf Welsfang gehen, verwenden sie ein sogenanntes Wallerholz, das ein dumpfes, schmatzendes Geräusch hervorruft, wenn man es ins Wasser stößt, und Welse anlockt. Es ist gut vorstellbar, dass auch andere, ähnliche Geräusche die großen Fische aufmerksam machen.

Generell reiche es, um ein Zusammentreffen zu vermeiden, völlig aus, wenn man sich auf dem offenen Wasser aufhält und nicht durch Schilf oder andere Stellen mit Totholz und Ästen laufe oder schwimme. Dort halten sich im Zweifel auch andere Tiere wie Hechte auf, die allerdings schon im Februar laichen. Die können im Übrigen auch sehr groß werden, Koppetzki hat schon einen Meter lange Hechte gefangen, in deren Magen-Darm-Kanal gerade ein 60 Zentimeter langer Artgenosse verdaut wurde. Doch Menschen greifen sie gewöhnlich nicht an.

Gefährlicher seien hingegen eingeschleppte Tiere, die von verantwortungslosen Menschen ausgesetzt würden. Schnappschildkröten etwa oder gar Piranhas. Immer mal wieder tauchten Geschichten über Piranhas in irgendwelchen Seen auf, sagt Koppetzki. Manchmal habe er aber den Verdacht, dass diese von Bewohnern der Wochenendhäuser gestreut würden, die ungestört sein wollen. „Wenn die dann erzählen, man hätte zwei Piranhas gesichtet, haben sie ihren Badesee ganz für sich allein.“

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