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Berlin: Körperverletzung: Mit den Dritten kraftvoll zugebissen

Wenn zwei zerstrittene Familien aufeinandertreffen, kann es laut werden. Doch was sich vor einem Jahr in einem Reinickendorfer Lokal abspielte, bescherte gestern dem Amtsgericht Tiergarten einen seltenen Fall von Körperverletzung: Es ging um einen Menschenbiss.

Wenn zwei zerstrittene Familien aufeinandertreffen, kann es laut werden. Doch was sich vor einem Jahr in einem Reinickendorfer Lokal abspielte, bescherte gestern dem Amtsgericht Tiergarten einen seltenen Fall von Körperverletzung: Es ging um einen Menschenbiss. Der wurde der 49-jährigen Gerlinde W. zur Last gelegt. Kraftvoll soll sie in den Unterarm eines jungen Mannes gebissen haben, so heftig, dass die Zähne ihrer Prothese eine blutende Wunde verursachten und das Tatwerkzeug zu Bruch ging. Zunächst war der Frau ein Strafbefehl ins Haus geflattert. Dagegen aber legte sie Einspruch ein und erzwang den Prozess.

Ausgesprochen brav wirkte die Angeklagte. Übers blaue Blümchenkleid hatte sie eine weiße Häkeljacke gezogen und ihre kastanienbraunen Haare mit Spangen ordentlich zurechtgesteckt. "Es war ein Streit mit der Vormieterin unserer Wohnung, der wir sogar noch 3000 Mark Abstand für eine mit ner Folie auf neu getrimmten Küche gezahlt haben", sagte sie der Richterin. Den Zoff aber habe nicht sie, sondern die andere Frau vom Zaun gebrochen. "Sie spuckte über den Tisch, nannte mich eine Schlampe." Ihr Ehemann habe daraufhin eine Entschuldigung verlangt. "Da warfen ihn die anderen in hohem Bogen raus", behauptete die Angeklagte.

Gerlinde W. berichtete von einem Mann, der sie von hinten umfasst habe. "So fest, dass ich gar keine Luft mehr bekam." Ihrer Familie - neben dem Gatten waren sieben weitere Verwandte mit am Tisch - habe sie gerade noch zurufen können: "Nehmt mir die Prothese raus!" Sie habe bei dem schmerzvollen Griff des Mannes sofort Angst um ihr Gebiss gehabt, meinte die Angeklagte. "Weil wir doch in den Urlaub fahren wollten", erklärte sie. Die Richterin fühlte der Frau auf den Zahn. "Haben Sie nun gebissen oder nicht?" Möglicherweise habe sie den Arm des Mannes "berührt", sagte Frau W. schließlich.

Opfer war der 36-jährige Henry S., der damals den Streit zwischen den Familien schlichten wollte, jedoch nicht als Zeuge zum Biss-Prozess erschienen war. Ein Beobachter des Streits nannte die Frau im Prozess zwar höflich "junge Dame", beschrieb ihren Auftritt aber eher als furienhaft. Sie sei "wie verrückt" auf ein älteres Ehepaar losgegangen, sagte der Zeuge. "Herr S. wollte sie beruhigen, da hat sie ihn in den Arm gebissen." Eine Polizistin bestätigte, dass bei dem Opfer eine "deutlich blutende Bisswunde" zu sehen war. Da zog Gerlinde W. ihren Einspruch zurück. Sie muss nun eine Geldstrafe von 1600 Mark wegen Körperverletzung zahlen.

Kerstin Gehrke

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