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Berlin: Komplott bei der UNO

Sydney Pollack und Nicole Kidman stellten „Die Dolmetscherin“ vor

Mord im New Yorker UN-Gebäude? Für jeden Thriller-Regisseur eine reizvolle Vorstellung, schon Hitchcock hat sie gefallen, 1959 ließ er einen Diplomaten genau dort meucheln, vor den Augen Cary Grants. Ein Spannungshöhepunkt in „North by Northwest“, der ein Handicap des Leinwandgenies locker überspielte: Die Dreherlaubnis im originalen UN-Sitz war ihm verwehrt worden.

Das war schon immer so, und es sollte auch bis vor kurzem so bleiben. Wie immer man „Die Dolmetscherin“, den neuen Politthriller von Sydney Pollack, bewerten wird, ob man ihm oder Hitch den Vorzug gibt – Pollack bleibt doch der erste Regisseur, dem es gelungen ist, eine Drehgenehmigung im UN-Komplex zu bekommen.

Ein historisches Werk also, dessen Europapremiere gestern Abend im Cinestar unter Sony-Zeltdach anstand, mit Pollack und seinem Star Nicole Kidman als Ehrengästen. Er selbst, der auf der Berlinale mit Filmen wie „Tootsie“ oder „Jenseits von Afrika“ präsent gewesen war, war bereits am Montag nach Berlin gekommen, Kidman war erst gestern gefolgt.

„Die Dolmetscherin“ – das ist selbstverständlich Nicole Kidman, in der Rolle einer UN-Angestellten mit afrikanischen Wurzeln, die zufällig die Morddrohung gegen den Staatschef des fiktiven, gleichwohl leicht auf afrikanische Realität projizierbaren Landes „Matobo“ hört und dann selbst Ziel der Verschwörer wird. Sie eröffnet sich den Sicherheitsbehörden, bekommt einen von Sean Penn gespielten Secret-Service-Mann zur Seite gestellt, der ihr die Geschichte aber kaum abnimmt – zumal ihre Rolle rasch immer mysteriöser wird. Ist sie, die selbst in Matobo gelebt und dort ihre Eltern und eine Schwester durch eine Mine verloren hat, womöglich selbst Teil des Komplotts?

Die Story erinnert an Pollacks CIA-Thriller „Die drei Tage des Condor“ mit Robert Redford und Faye Dunaway. Bewusst wurde mit Matobo kein realer Staat als Hintergrund der Geschichte gewählt. Anderenfalls hätte der Film womöglich „zu sehr dokumentarische Züge“ bekommen, wie Pollack, der „Die Dolmetscherin“ mit Nicole Kidman am Nachmittag auf einer Pressekonferenz im Adlon vorstellen wollte, die Tücken des Projekts schildert. „Aber wir achteten darauf, so authentisch wie möglich zu bleiben bei der Erschaffung einer auf Realität aufbauenden Staatshistorie und glaubhaften Sprache für unser erfundenes Land, so dass es einem als real existierend erscheint.“

Aber Mittelpunkt der Geschichte ist doch das UN-Gebäude. Pollack hatte für den Dreh in der Weltorganisation Fürsprecher gefunden, so dass er sein Projekt dem UN-Generalsekretär Kofi Annan persönlich vorstellen konnte. Es werde keine Werbefilm für die UN, doch sei es „eine Story, in der der Gebrauch von Worten über dem von Gewehrfeuer steht“. Das hat Annan überzeugt, er gab grünes Licht, und Pollacks Team konnte fast fünf Monate lang den UN-Sitz in eine Filmstudio verwandeln – streng kontrolliert und immer nur nachts oder an Wochenenden. Annan hatte auch noch die Mitglieder des Sicherheitsrats konsultiert, die ebenfalls keine Einwände hatten. Es war eben nur Kino, nicht die Wirklichkeit.

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